Hochschulseminar – Dichte und Nähe
 
Das kleine, das große und das mittlere Auto
Elisa Ruhl, 25.7.2009

Das kleine, das große und das mittlere Auto - Ein Phänomen der Dichte?

The small, the big and the middle-sized car - A phanomenon of density?


Es gibt viele Ausdrucksformen von Dichte wie Bevölkerungsdichte, Besiedlungs- oder Bebauungsdichte etc. Aber ist die Autogröße auch ein Indikator für Dichte?
Aber was genau meint das Wort Dichte hier? Oder sprechen wir viel eher von Nähe?
Ist die Autogröße das Symbol einer Gesellschaft oder ergibt sich die Autogröße aus den gegebenen Umständen? Passt sich das Auto an die Stadt an oder passt sich die Stadt ans Auto an? Wie sieht das Auto der Zukunft aus? Und ist das Auto überhaupt ein Mobilitätsform der Zukunft?

Does the dimension of cars act as an indicator for density? What does the term density mean in this context? Or do we speak of closeness? Is the dimension of cars a symbol of a society or does the dimension of cars result from the given circumstances? Does the car adapt to the city oder does the city adapt to the car? What is the future car’s look? And is the car a form of future mobility at all?

 

 

 

 

 

 

Um über Autogrößen sprechen zu können, ist es zunächst wichtig, die Fahrzeugklassen kennen. In der EU gibt es neun verschiedenen Klassen: Kleinstwagen, Kleinwagen, Mittelklasse, obere Mittelklasse, Oberklasse, Luxusklasse, Sportwagen, Mehrzweckfahrzeuge und Geländewagen. Die Klassenbezeichnungen weichen weltweit nur geringfügig voneinander ab.
Die Beantwortung der Frage, welche dieser Klassen in welchen Land am häufigsten gefahren wird, hängt von verschiedenen Parametern ab. Parameter, die den Kauf einer bestimmten Autogröße beeinflussen, können sein:
- Dichte/Nähe/Distanzen in der Stadt/ Land
- Infrastruktur (öffentlicher Nahverkehr, Straßennetz, Parkplatzsituation etc.)
- Kosten: Autopreis, Sprit, KFZ-Steuer, Versicherung
- Statussymbol, Individualisierung
- Gelände
- Witterung (Schnee, Hitze etc.)
- Sicherheit
- Volkseinkommen
- Ökologisches Denken
- Familiengröße
- Menge und Größe von zu transportierenden Gegenständen
- Forderung an Flexibilität von Arbeitgeber/Gesellschaft

Die Dichte einer Stadt oder eines Landes kann auch Ausschlaggeber für den Kauf eines bestimmten Autos sein, vorallem aber für die Autodichte eines Gebiets.
Je höher die Dichte, desto geringer der Anteil an Autoverkehr. ( Grafik auf http://people.hofstra.edu/geotrans/eng/ ... ility.html )

Spricht man über Autogrößen, ist der Zusammenhang zu Dichte nicht ganz klar. Dichte und Nähe tritt in diesem Zusammenhang meiner Meinung nach mit einem vielseitigen Profil auf:
- Bevölkerungsdichte, Besiedlungsdichte, Bebauungsdichte,Historische Stadt/Bauten
Autodichte, Straßendichte/-länge/-breite, Netzdichte des öffentlichen Nahverkehrs
Gesellschaftliche Nähe/Klassengesellschaft, Familienzusammenhalt, Nähe zwischen Generationen
Nähe zu anderen Völkern/Ländern, räumliche und emotionale Nähe zur Natur
"Damit eine große Ballung unterschiedlicher Angebote (an Jobs, Wohnungen, Freizeitmöglichkeiten, Bildung, persönlichen Kontakten) für die Bewohner zugänglich wird, bedarf es der Optimierung (also der Maximierung bis zum abnehmenden Gesamtbetrag) der beiden Faktoren Dichte und Mobilität. (...) Jeder Versuch, Dichte und Mobilität zu verringern (oder ihrer Problematik zu entfliehen), mindert die Urbanität und ihre Vorteile."(Dr. Gabriele Geiger: Der Mensch als animal migrans, 2007)

Sucht man nun Beispiele für Autogrößen in Ländern verschiedener Dichte, drängen sich drei Länder förmlich auf: USA (großes Auto; Ford, GM), Italien (kleines Auto; Fiat 500), Deutschland (mittleres Auto; VW Golf). (Statistik zur Autoproduktion/Verkehrssituation: http://www.vda.de/de/zahlen/index.html ; http://www.oica.net/ ; http://www.bts.gov/ )

Um ein Gefühl für Dichte, Straßenraum, Autodimensionierung und Atmosphäre in Italien und USA zu bekommen, eignen sich aus Jim Jarmuschs „Night on Earth“ die Episoden aus Rom und Los Angeles. Mit Standbildern zeigt Jarmusch die großzügen Straßen und „Kisten“ LA’s und die engen Gassen Roms, ohne die Darstellung des jeweiligen Temperaments des Landes zu vergessen.

 

 

Erwin Wurm betrachtet in seiner Kunst kritisch die Entwicklung von Auto und Verkehr. Das Fat Car ist das wohl bekannteste Werk, das das Auto als fettsüchtiges, immer größer werdendes Statussymbol darstellt. Truck BALTIC und der Telekintetically bent VW-Van stellen die Frage nach: Passt sich die Stadt dem Auto an oder das Auto der Stadt?  Ganz klar reagiert hier das Auto flexibel auf die Stadt .

 

 

 

Parken ist ebenso ein Ausdruck von Dichte. Während es in Italien und Frankreich normal ist, seine Stoßstange zu nutzen, um in eine Parklücke zu kommen, rauben sich Deutschland/ Schweiz und USA durch bequeme Parklücken urbanen Raum.  Je größer das Auto, desto größer ist auch die Parklücke. Ein Problem, das in den USA zu einem echten Problem geworden ist. Die Größe der Parklücke und die hohe Autodichte führen dazu, dass die USA ein Parkfläche von bisher geschätzt ganz Schleswig-Holstein hat. (Untersuchung auf: Der_Mann_der_alle_Parkplaetze_der_USA_zaehlt)
In Zürich und in San Francisco fragen zwei Projekte im öffentlichen Raum danach, was mit Parkflächen als urbanem Raum alternativ gemacht werden könnte. (Gehzeugprojekt Zürich und Park(ing) San Francisco)

„Mobilität ist notwendig, um den Lebensstandard zu erhöhen, gerade auch in den Entwicklungs- und Schwellenländern unserer Erde. Gleichzeitig nimmt mit steigendem Wohlstand auch der Besitz von privaten Automobilen zu. Doch eine individuelle Automobilisierung weltweit nach dem Vorbild der westlichen Industrieländer würde unser Planet nicht vertragen - ganz abgesehen davon, dass dafür die Erdölvorräte gar nicht ausreichen würden. So kann die mobile Zukunft weltweit nicht die automobile Zukunft sein. Vielmehr müssen leistungsfähige öffentliche Verkehrssysteme ausgebaut werden, wie Bahnen und Überlandbusverbindungen für den überörtlichen Verkehr. Für den Nahverkehr sind allemal traditionelle Verkehrsmittel sinnvoller, weil effizienter, wie beispielsweise das Fahrrad, das bislang immer noch mit Abstand das verbreitetste Verkehrsmittel weltweit ist.“(Dipl. Geogr. Jens Brenner: Mobilität weltweit, 2007)

 

 

Aber kann zukünftige Mobilität noch andere Dimensionen annehmen?

„Bei aller menschlichen Bewegungslust, die den öffentlichen Raum inzwischen mit einem bunten Mix aus Fortbewegungsmitteln aufmischt - Füße und Skateboards und Kinderwägen, Trambahnen, Busse, Pkws, Fahrräder, U-Bahnen, "Kickboards" und Roller Blades - sollten dennoch die Potenziale der virtuellen Mobilität nicht vergessen werden. Schon heute findet Recherche statt in Bibliotheken weitgehend am heimischen oder betrieblichen Internet-Anschluss statt. Die neue "Technik der Raumüberwindung" hat auf jeden Fall das Potenzial, Flächen und Ressourcen zu schonen sowie physische Verkehrsströme zu beeinflussen.“
(Dr. Gabriele Geiger: Der Mensch als animal migrans, 2007)