Hochschulseminar – Distanz und Dichte
 
Social Distancing in Architektur und Städtebau
Monalina Kanafani, 20.02.2021

Since the beginning of the pandemic, the concept of social distancing has haunted us, but what exactly is meant by this term in relation to architecture? Also, what novel concepts build on this and are they possible concepts for the future? Social distancing means, more precisely, a spatial separation in which the spread of infectious diseases is prevented. Thus, architecture is only reduced to its protective function. The country is becoming more and more important, as the inhabitants of the city are now fleeing to their second seat. However, the country's structures have a great opportunity to relieve the burden on cities with the help of, for example, small schools or hospitals. Architect Arno Löbbecke has also developed a concept for the new situation in collaboration with Arch+. The aim is to break up the principle of modernity and combine living with working on the basis of a floor plan in order to solve the problems of the pandemic. As experienced from past pandemics, this pandemic will also have a spatial and architectural impact.

Social Distancing oder auch Physical Distancing beschreibt die räumliche Trennung, bei der die Ausbreitung von Infektionskrankheiten verhindert oder verlangsamt wird. Man hält untereinander Abstand und vermeidet den Besuch von öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Bibliotheken, Parks, Theater etc. Wie viel Distanz Menschen zu Anderen einnehmen geschieht jedoch unbewusst. Beispielsweise halten Menschen zu anderen Menschen, die sie kennen oder, die Ihnen vertraut sind weniger Abstand als zu Fremden. Ebenso erlauben zwei Menschen mit ähnlichem Status mehr Nähe zueinander als gesellschaftlich gesehen entferntere voneinander. Auch Geschlecht und Umgebungstemperatur nehmen Einfluss auf unser Distanzverhalten, denn Menschen in wärmeren Regionen kommen sich tendenziell näher als Menschen in kälteren Regionen.

Die Stadt hat sich durch vergangene Krisen wie Cholera, Tuberkulose und die Pest entwickelt. Während die Krisen des 19.Jahrhunderts mithilfe der Anlage der öffentlichen Räume zum Ausbau von Öffentlichkeit und die Privatheit durch die Reform des Wohnens geführt haben, stehen heute beide auf dem Spiel, denn aus Angst vor Ansteckung werden alle öffentlichen Räume nun als Gefahrenräume wahrgenommen. Architektur wird daher auf ihre Schutzfunktion reduziert. Und wie man durch vergangene Pandemien sehen kann, ist davon auszugehen, dass sich die jetzige Situation auch räumlich und architektonisch auswirken wird.

Vor allem Familien waren und sind noch mit der neuartigen Situation überfordert, weil ihre Wohnungen nicht darauf ausgelegt sind, denn das grundsätzliche Prinzip der Moderne lautet, dass Wohnen und Arbeiten voneinander zu trennen seien.
Nicht nur für den einzelnen, sondern auch aus dem Blickwinkel der Stadtplaner sind Vermeidung körperlicher Kontakte und keine Gruppenbildungen enorm, denn es besteht bei der Gestaltung von Plätzen, öffentlicher und halböffentlicher Räume das Ziel zur sozialen Interaktion. 

Im Zuge der Corona Pandemie haben viele Stadtbewohner versucht auf’s Land in ihren Zweitwohnsitz zu flüchten. Gerade in Krisenzeiten wie diesen werden gute Erreichbarkeit, Dichte und viele Kontakte zu einem Problem, denn auf dem Land leben Bekannterweise weniger Menschen pro Quadratmeter, daher ist auch die Ansteckungsgefahr niedriger.

Vor der Pandemie ist das Land in Bezug auf die Infrastruktur zum Beispiel im Gegensatz zu Metropolen benachteiligt. Die Pandemie könnte jedoch einen Bewusstseinswandel bewirken, denn viele Aspekte des Landes gewinnen wieder an Bedeutung und Wichtigkeit. Ebenso liegt in diesen dezentralen Strukturen, die das Land ausmachen eine große Chance die Städte mithilfe von zum Beispiel kleinen Schulen oder Krankenhäusern zu entlasten. Dementsprechend wird das Land momentan dazu genutzt, um Social Distancing voranzutreiben.

Konzepte, die auf Social Distancing aufbauen: 
In einem selbst initiierten Projekt hat Shift architecture urbanism aus Rotterdam ein Konzept für das Einkaufen von Lebensmitteln auf Mikromärkten erstellt.

Dieses sieht vor, dass Absperrbänder 16 Felder im Raster von 1,50 x 1,50 m auf dem Boden markieren. Im Markt dürfen sich gleichzeitig nur sechs Personen aufhalten und pro Rasterfeld ist immer nur eine Person erlaubt. Über die ganze Stadt verteilt sind sie für alle Bürger in nächster Nähe gut erreichbar und an fünf Tagen in der Woche geöffnet, um die Besucherströme zu verringern. So werden ebenso weite Wege durch die Stadt vermieden und die Supermärkte entlastet. Außerdem sorgt das durchdachte Wegekonzept für die Einhaltung von Abstandsregeln und verringert so die Ansteckungsgefahr.

Aufgrund von Social Distancing sind die Stadtbewohner gezwungen von zu Hause zu arbeiten und gegebenenfalls ihre Kinder von zu Hause zu betreuen. Arch+ und der Architekt Arno Löbbecke haben es sich ebenfalls zur Aufgabe gemacht ein solches Konzept umzusetzen. In Zusammenarbeit wurde versucht, Räume für unterschiedliche Programme wie Arbeiten, Wohnen und Öffentlichkeit zu entwerfen, die trotz Flexibilität Grade der Isolierung ermöglichen.




Angelehnt an das Stützraster wurde die annähernd quadratische Fläche in neun fast gleich große Räume unterteilt. Das 3x3-Raster wird hier durch zwei innenliegende Service-Einheiten strukturiert, in denen alle Funktionen und Abstellflächen untergebracht sind. Die Raummatrix betont hierbei die Gleichwertigkeit und Flexibilität der Räume. Jeder Raum besitzt mindestens zwei Zugänge, so dass die Zirkulation immer anders organisiert werden kann. So können Räume für unterschiedliche Funktionen temporär abgetrennt oder zusammengeschaltet werden, um gegenseitiges Stören zu minimieren oder größere Raumzusammenhänge herzustellen. Im Zentrum befindet sich ein Raum, der als Schnittstelle zwischen privat und öffentlich, Wohnen und Arbeiten dient. 

Auf die Fragestellung ob Architekten künftig in pandemie-resilienten Konzepten denken sollten, ergaben sich in der Diskussion des Seminars mehrere Meinungsbilder und Lösungsvorschläge. Nämlich zum einen, dass es durchaus sinnvoll ist in solchen Strukturen zu denken, da auch vergangene Krisen gezeigt haben, dass sich Konzepte an die aktuelle Situation anpassen müssen und das Wohnen in Kombination mit dem Arbeiten in der jetzigen Pandemie zunehmend zum Thema wird. Auch ist es wichtig auf Krisen in Form aufgeführter Beispiele zu reagieren und eventuell Konzepte wie Tiny Häuser für den Normalverbraucher umzusetzen.

Quellenverzeichnis:

Internetquellen:

- https://www.zeit.de/kultur/2020-07/architektur-nach-corona-wohnungseinrichtungen-homeoffice-zukunft/seite-3 (Zeit Online: Wir richten uns zu Hause ein,Das Haus als Solidargemeinschaft, 18. Juli 2020, Ein Gastbeitrag von Anh-Linh Ngo)

- https://www.archdaily.com/936856/shift-architecture-urbanism-creates-hyperlocal-micro-markets-that-operate-during-covid-19-shutdowns (Detail: Sozial distanziertes Einkaufen: Mikromarkt-Konzept von Shift, 20. März 2020, Barbara Zettel)

- https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2020-12/social-distancing-abstand-halten-pandemie-mindestabstand-einschaetzen-1-5-meter (Zeit Online: Social Distancing Zwei Hunde Abstand bitte!, 12. Dezember 2020, Dagny Lüdemann)

- https://archplus.net/de/space/ (Archplus: Der ARCH+ Space als Villa Urbana, ARCH+ Space: Methodearchitektur – Arno Löbbecke, Anh-Linh Ngo)

- Frankfurter Allgemeine Zeitung: Deutschland in der Pandemie, 03. März 2020, Judith Lembke

 

Youtube:
- Der öffentliche Raum in Krisenzeiten, 19.Juni.2020