Hochschulseminar – Dichte und Nähe
 
Dichte und Nähe im Film
Clemens Schütte, Yahya Mahalati, 3.3.2009

 

1.Film: Night on Earth - von Jim Jarmusch

In fünf Episoden erzählt "Night on Earth" Geschichten, die das Thema „Dichte und Nähe“ im Straßenraum behandeln. Im Blickpunkt des Filmes steht jeweils ein Taxifahrer der in seinem Taxi in einer von fünf großen Metropolen unterwegs ist. Die einzelnen Geschichten geschehen alle in derselben Nacht und zur selben Zeit. Die einzelnen Geschichten wirken witzig, spontan und geben die unterschiedliche Atmosphäre der fünf Städte wieder.

 

 

Dicht und Nähe im Film

Der Film „Night on Earth“ erzählt das Thema Dichte und Nähe auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Die erste Ebene zeigt eindrucksvoll wie unterschiedlich die fünf Metropolen im Film mit dem Thema Dichte und Nähe im Straßenraum umgehen. Dabei beeinflusst die Größe des Straßenraums nicht nur das Empfinden und das Raumgefühl was uns umgibt, sondern es bestimmt auch die Dimensionen der Verkehrsmittel im großen Maße. Die Städte gehen durch die unterschiedliche Dichte im Straßenraum auffallend unterschiedlich mit den Zonen zwischen Straße und Gebäude um. Im Film fallen diese Differenzen besonders stark zwischen den Städten Paris und New York auf. In New York gibt es eine geräumige Zone zwischen Straße und Gebäude woraufhin sich ein deutlich anonymeres Raumgefühl einstellt, als es in Paris der Fall ist, wo oft gar keine Zone zwischen Straße und Gebäude besteht. Ebenso so zeigt der Film die dreckigen und wahren Seiten der Städte.
Die zweite Ebene zeigt die menschliche Nähe, die zwangsläufig durch die Enge im Taxi entsteht. Oft führt diese künstlich herbeigeführt Nähe zu interessanten Gesprächen und Beziehungen, ob gewollt oder ungewollt.


2.Film: Chacun cherche son chat - von Cédric Klapisch


Als Chloe aus den Ferien zurückkehrt, ist ihre Katze verschwunden. Auf der anschließenden Suche nach Gris Gris lernt Chloe nicht nur die schrulligen Bewohner ihres Quartiers kennen, sie findet darüber hinaus auch Freunde und schließlich sich selbst. Der Film gestattet dem Zuschauer echte Einblicke in das alltägliche Leben in einem Pariser Stadtviertel. Man beobachtet die Leute beim Arbeiten, Plaudern oder beim Kneipenbesuch. Er zeigt auf skurrile Art und Weise menschliche Nähe und bauliche Dichte in einem Pariser Quartier.

 

 

Dichte und Nähe im Film

Der Film „Chacun cherche son chat“ behandelt das Thema Dichte und Nähe, indem er zeigt, wie Menschen in einem Pariser Quartier „dicht an dicht“ aneinander vorbeileben. Diese Situation ändert sich erst, als Chloe ihre Katze Gris-Gris vermisst und sich erst allein und dann mit tatkräftiger Unterstützung der Quartier Bewohner auf die Suche nach ihr macht. Im Laufe des Films merkt man, dass eigentlich jeder jeden kennt und deswegen das Quartier funktioniert wie ein Dorf. Die Anonymität, welche durch die bauliche Dichte erzeugt wird, spielte eine wesentliche Rolle im Film. Deutlich wird dies indem Chloe jahrelang direkt neben ihrem Traummann lebt, ihn aber erst durch ein besonderes Ereignis kennenlernt, seinen Auszug. Interessant und ebenso komisch ist die Beziehung zu ihrem schwulen Mitbewohner mit dem sie fast alles teilen muss. Besonders als sein neuer Freund plötzlich und unerwartet einzieht muss man sich unwillkürlich Fragen wie viel Nähe verträgt ein Mensch.


3.Film: Lost in Translation - von Sofia Coppola

Der Film erzählt die Geschichte des Schauspielers Bob Harris, der seine besten Tage als Schauspieler schon hinter sich hat. Als er sich nach Tokio aufmacht, um einen Werbespot für Whiskey zu drehen trifft er dort auf ungeahnte Barrieren. In mehreren Momentaufnahmen zeigt der Film Menschen, die wie Fremdkörper in einer anderen Kultur wirken. Nicht nur die sprachlichen Barrieren charakterisieren das Gefühl von Isolation sondern auch die bauliche Umwelt, die für ungewohnte Hindernisse im Alltag sorgt.

 

 

Dichte und Nähe im Film

Der Film „Lost in Translation“ bearbeitet das Thema Dicht und Nähe überwiegend auf der menschlichen Ebene. Er zeigt wie sich zwei Menschen in einer völlig fremden Umgebung zugleich Nähe und Isolation schaffen. Da durch die sprachlichen, sowie ethischen und baulichen Barrieren ein miteinander mit den Einheimischen erschwert wird, kann die Nähe nur zwischen den beiden erzeugt werden. Die baulichen Hindernisse beginnen allein schon mit der Größe eines westlichen Menschen und hören mit der Frage auf, wie gehen die Japaner mit Privatheit, Öffentlichkeit oder auch Halböffentlichkeit um. Durch das riesige Hotel in dem sie leben, wird das Gefühl der Isolation noch verstärkt. Das Hotel ermöglicht immer wieder grandiose Blicke über die Stadt und verstärkt das Gefühl von Verlorenheit. Das Hotel wirkt wie Heimat und Zelle zugleich, weil es die Integration der beiden verhindert, aber auch Geborgenheit schafft.


4.Film: Into the Wild - von Sean Penn und Jon Krakauer

Nach dem College liegt eine viel versprechende Zukunft vor dem 22-jährigen Christopher McCandless. Doch statt des Jurastudium an der Harvard University wählt er den Ausstieg aus der Gesellschaft. Er zerschneidet seine Kreditkarten und den Sozialversicherungsausweis, lässt seinen Wagen stehen, verbrennt sein letztes Bargeld und trampt quer durch Nordamerika, Richtung Alaska, in die Wildnis. Der Film erzählt davon wie menschliche Nähe und gesellschaftliche Zwänge den extremen Wunsch nach Einsamkeit und einem selbst bestimmten Leben erwecken können.

 

 

Dichte und Nähe im Film

Der Film „Into the Wild“ behandelt das Thema Dichte und Nähe aus einer völlig anderen Perspektive und wurde daher bewusst ans Ende der Filmreihe gesetzt. Der Fokus des Films liegt auf einem Menschen der den totalen Ausstieg aus der Zivilisation wählt und setzt damit einen starken Kontrapunkt zu den drei anderen Filmen. Der Film zeigt den Hauptdarsteller Christopher McCandless auf seiner Flucht aus der Gesellschaft und bei seiner Suche nach Isolation und Abstand. Der Auslöser für diesen extrem Wunsch nach Einsamkeit ist sein Elternhaus, das von Oberflächigkeit und materiellen Sehnsüchten geprägt ist. Im Laufe des Films wird deutlich, dass dies aber nicht der einzige Grund ist der ihn antreibt, viel mehr ist es auch der Wunsch nach Freiheit und eine Kritik an der Amerikanischen Gesellschaft. Im letzten Teil des Films sucht er erneut die Nähe zur Gesellschaft, stellt aber fest, dass diese Welt für ihn fremder als jemals zuvor geworden ist. Dadurch wird sein Entschluss nur gefestigt endgültig die Total Isolation in den Tiefen Alaskas zu suchen. Dieser letzte Versuch der Gesellschaft zu entfliehen bringt ihm letztendlich die Erkenntnis, das es sich nur lohnt zu Leben wenn man Dinge teil kann. Der Film beruht auf einer wahren Begebenheit und gibt ihm somit die nötige Ernsthaftigkeit für dieses Thema.

 

 

Die Filmabende wurden durchgeführt von Clemens Schütte und Yahya Mahalati