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Marvin Schlotter, 04.12.2023
The Berlin club scene is closely intertwined with the political and societal upheavals following the fall of the Berlin Wall, evolving into a globally renowned hub for electronic music since the late 1980s. The reunification of East and West Berlin provided fertile ground for innovative venues and experimental music, shaping the city's unique atmosphere. However, the scene faces significant challenges due to increasing commercialization, rising rental prices, and legal hurdles. The COVID-19 pandemic further exacerbated the situation. The Club Commission recommends less stringent regulations and greater consideration of the scene's needs in urban development policy to protect and strengthen club culture.
Entstehung
Die Entstehung der Berliner Clubszene in den frühen 1990er Jahren war eng mit der politischen und gesellschaftlichen Umwälzung nach dem Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989 verbunden. Die Vereinigung von Ost- und West-Berlin brachte eine neue Energie und Freiheit in die Stadt, die sich auch in der Clubkultur widerspiegelte.
Abb. 1: Karte: Ost-, Westberlin
Zu Beginn der 1990er Jahre war Berlin geprägt von einem Mangel an Arbeitsplätzen und bezahlbarem Wohnraum, was dazu führte, dass viele leerstehende Gebäude vorhanden waren. Diese leerstehenden Gebäude wurden zu Spielplätzen für junge Künstler, Musiker und Aktivisten, die sich oft unter dem Radar der Behörden bewegten und alternative Veranstaltungsorte schufen.
Abb. 2: Fabriken und Keller
Eine der bekanntesten Locations dieser Zeit war der legendäre Club Tresor, der 1991 in einem ehemaligen Banktresorraum in Ost-Berlin eröffnet wurde. Der Club wurde schnell zu einem Symbol für die wilde, unbegrenzte Energie des wiedervereinten Berlins. Hier konnten Menschen aller Schichten und Nationalitäten aufeinandertreffen und eine einzigartige musikalische Erfahrung genießen.
Abb. 3: Leipziger Straße, Tresor 1991
Parallel dazu entstanden auch in West-Berlin neue Clubs wie das E-Werk, das sich in einem stillgelegten Kraftwerk befand. Diese Orte waren dafür bekannt, dass sie den Genres Techno, House und Acid House eine Plattform boten und DJs aus der ganzen Welt anzogen.
Abb. 4: E-Werk, 1993-97
Die Berliner Clubszene etablierte sich schnell als Motor der elektronischen Musikszene und wurde auch international bekannt. Die Einflüsse dieser Zeit wirken bis heute nach. Die Clubs der 1990er Jahre schufen eine einzigartige Kombination aus Musik, Kunst und Subkultur, die Berlin zu einem Magnet für Kreative aus aller Welt machte.
Die Entstehung der Berliner Clubszene in den frühen 1990er Jahren war also eng mit den politischen Veränderungen nach dem Mauerfall verbunden und wurde von der Suche nach Freiheit, Kreativität und Andersartigkeit getragen. Die Clubs haben maßgeblich zur kulturellen Identität Berlins beigetragen und sind bis heute ein wichtiger Bestandteil des nachtlebenden Berliner Lebens.
Abb. 5: Mauerfall 1989
Merkmale
Durch die Wiedervereinigung und den Zuzug vieler junger Menschen entstand ein neues kulturelles Klima, das Raum für Experimente und kreative Projekte bot. Diese Zeit war geprägt von einem Gefühl der Aufbruchsstimmung und der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten.
Einer der bahnbrechendsten Momente war die Besetzung des Tacheles, einem ehemaligen Kaufhaus in der Oranienburger Straße. Künstler und Kreative nutzten das leerstehende Gebäude und gestalteten es zu einem anarchischen Kulturzentrum um. Hier fanden regelmäßig Techno-Partys und andere Veranstaltungen statt, die das Fundament für die Clubszene legten. Diese besondere Atmosphäre des Tacheles wurde zu einem Symbol für die kreative Freiheit und den Geist des Aufbruchs, der die Stadt in den 1990er Jahren prägte.
Abb. 6: Besetzung des Kaufhauses Tacheles
Parallel dazu etablierten sich in den heruntergekommenen Fabrikgebäuden Ost-Berlins immer mehr Underground-Clubs, die eine neue Soundkultur prägten. Techno, House und elektronische Musik wurden zum Soundtrack einer Generation, die nach Freiheit und hedonistischem Vergnügen suchte. Diese Clubs waren mehr als nur Veranstaltungsorte; sie waren Rückzugsorte für Gleichgesinnte, die eine alternative Lebensweise suchten und sich der Mainstream-Kultur entziehen wollten.
Die Merkmale der Berliner Clubszene in den 1990er Jahren waren vielfältig. Die Partys dauerten oft das ganze Wochenende und die Clubs waren dafür berühmt, dass sie keine Sperrstunde hatten. Dadurch konnte die Feierkultur ununterbrochen weitergehen und die Grenzen zwischen Tag und Nacht verschwimmen lassen. Die Locations waren meist alternative Orte wie Fabrikhallen, Bunkersysteme oder leerstehende Gebäude, die eine einzigartige Atmosphäre schafften und die Fantasie der Feiernden anregten.
Abb. 7: Karneval 1996, Eroberung neuer Räume
Die Clubszene war geprägt von Offenheit und Toleranz. Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten und Nationalitäten fanden sich zusammen, um gemeinsam zu feiern und sich in der Musik zu verlieren. Die kulturelle Vielfalt und der internationale Charakter der Szene machten Berlin zu einem magnetischen Anziehungspunkt für Feierwütige aus ganz Europa, die auf der Suche nach einem Ort waren, an dem sie sich frei ausleben konnten.
Die Musik spielte eine zentrale Rolle in diesem Zusammenhang. Neue elektronische Genres wie Techno, House und Acid House wurden von aufstrebenden DJs und Produzenten gespielt, die Teil einer wachsenden Subkultur waren. Die DJs wurden zu local heroes und die Clubs waren bekannt für ihre exzellente Musik- und Soundanlagen, die die Besucher in einen Rausch aus Klang und Rhythmus versetzten.
Entwicklung ab 2000
Die rasante Entwicklung der Berliner Clubszene ab den frühen 2000er Jahren markierte einen entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte der elektronischen Musik. Die einzigartige Mischung aus innovativer Musik, experimentellem Design und einer Atmosphäre von Freiheit und Toleranz zog nicht nur lokale Feierwütige an, sondern auch immer mehr internationale Gäste. Die Clubs Berghain und Watergate wurden zu regelrechten Pilgerstätten für Liebhaber elektronischer Musik aus aller Welt, die nach Berlin strömten, um an den legendären Partys teilzunehmen.
Abb. 8: Der Club "Watergate" eröffnete 2002
Die Szene entwickelte sich zu einem Schmelztiegel der Kulturen und Stile, der die Vielfalt und Offenheit Berlins widerspiegelte. In den dunklen, pulsierenden Räumen der Clubs wurde Geschichte geschrieben, während die DJs mit ihren treibenden Beats die Tanzflächen zum Beben brachten. Die Atmosphäre war elektrisierend, die Nächte schienen endlos, und die Energie war ansteckend.
Abb. 9: Der Club "Berghain" eröffnete 2004
Das Phänomen der Berliner Clubszene ging weit über das bloße Feiern hinaus – es wurde zu einer Lebensweise, einer Haltung, einem Ausdruck von Freiheit und Selbstbestimmung. Die Stadt war ein Magnet für Kreative, Künstler und Freigeister, die von der einzigartigen Aura angezogen wurden, die nur in den dunklen Ecken und versteckten Winkeln der Berliner Clubs zu finden war.
Beeinflussende Faktoren
Die zunehmende Kommerzialisierung der Berliner Clubszene ist ein Phänomen, das in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Immer mehr Clubs eröffnen, jedoch weicht ihr Programm oft von den typischen Stilen der Szene ab. Statt auf Innovation und Underground-Kultur zu setzen, setzen viele Clubs auf ein standardisiertes Programm und intensives Marketing, um möglichst viele Besucher anzulocken. Dieser Trend hat dazu geführt, dass einige der einstigen Ikonen der Berliner Clubkultur ihre Authentizität verloren haben und zu kommerziellen Veranstaltungsorten wurden. Ein Beispiel für diese Kommerzialisierung war die Love Parade, die einst als Parade der Liebe und Toleranz begann, aber später nach politischen Entscheidungen in kommerzielle Bahnen gelenkt wurde. Rechte wurden verkauft, und die ursprüngliche Idee der Veranstaltung geriet in den Hintergrund.
Abb. 10: Szene wird zum Mainstream: Matrix Club 2003
Abb. 11: Rechte an der "Loveparade" werden 2005 verkauft
Die steigenden Mietpreise in Berlin sind ein weiterer Faktor, der die Berliner Clubszene vor große Herausforderungen stellt. Berlin ist mittlerweile die zweitteuerste Stadt in Deutschland, und die Mieten sind in den letzten Jahren dramatisch gestiegen. Innerhalb weniger Jahre haben sich die Mietpreise um bis zu 160 % erhöht, was vor allem für Clubbetreiber eine enorme Belastung darstellt. Dieser Anstieg der Mietpreise steht im direkten Konkurrenzkampf mit den Clubbetreibern, insbesondere in Ost-Berlin, wo viele Clubs in ehemaligen Fabrikgebäuden und Industriearealen untergebracht sind. Der steigende Preisdruck zwingt Clubbetreiber dazu, höhere Mieten zu zahlen oder sich nach alternativen Standorten umzusehen, was die Vielfalt und Authentizität der Berliner Clubszene bedroht.
Abb. 12: Wohnungen bezahlbar machen lautet eine Forderung bei der
Auftaktveranstaltung zu den Armutswochen 2022
Ein weiterer zentraler Faktor, der die Berliner Clubszene beeinflusst, ist die fortschreitende Gentrifizierung der Stadt. Diese Entwicklung geht nicht nur mit steigenden Mieten einher, sondern hat auch zur Folge, dass die Szene in die Randgebiete der Stadt gedrängt wird. Dies führt zu einer Abnahme der Besucherzahlen und stellt die Clubs vor finanzielle Herausforderungen, da sie um ihre Existenz kämpfen. Darüber hinaus führen die steigenden Mietkosten zu einer Verdrängung der Clubszene aus den zentralen Stadtgebieten. Viele Clubs und Veranstaltungsorte sehen sich gezwungen, in die Randgebiete der Stadt zu ziehen, wo die Mieten niedriger sind, was jedoch dazu führt, dass die Clubszene zunehmend fragmentiert wird. Dieser Prozess der Gentrifizierung hat auch Auswirkungen auf die Besucherzahlen, da viele Stammgäste nicht mehr bereit sind, die längeren Wege zu den neuen Standorten auf sich zu nehmen.
Abb. 13
Gesetzliche Herausforderungen und Lärmschutz
Die Berliner Clubszene sieht sich mit einer Vielzahl gesetzlicher Herausforderungen konfrontiert, die ihre Existenz bedrohen. Eine der prominentesten ist die Lärmschutzverordnung, die zu zunehmenden Beschwerden von Anwohnern führt und den Druck auf Clubs durch Investoren verstärkt. Diese Beschwerden haben bereits zur Schließung mehrerer beliebter Clubs geführt, darunter der bekannte Knaack-Club, der aufgrund von anhaltenden Lärmbeschwerden gezwungen war, seine Türen zu schließen. Diese Entwicklung hat die Clubbetreiber dazu veranlasst, nach Lösungen zu suchen, um den Lärm zu reduzieren, ohne dabei die einzigartige Atmosphäre und den Charakter ihrer Veranstaltungsorte zu beeinträchtigen.
Maßnahmen während der Corona-Pandemie und ihre Folgen
Die COVID-19-Pandemie hat die Berliner Clubszene schwer getroffen. Die Lockdowns führten zur vorübergehenden Schließung aller Clubs und Freizeiteinrichtungen, was zu erheblichen Umsatzeinbußen und finanziellen Schwierigkeiten führte. Selbst nach der Wiedereröffnung waren strengere Regeln wie die 2G-Regel und Mindestabstände in Kraft, die zu begrenzten Besucherzahlen und weiteren Umsatzeinbußen führten. Viele Clubs mussten kreative Wege finden, um zu überleben, indem sie beispielsweise Live-Streaming-Events anboten oder ihre Räumlichkeiten für alternative Zwecke nutzten.
Abb. 14: Manche mit, manche ohne Maske
Empfehlungen der Clubkommission zur Unterstützung der Szene
Um die Berliner Clubszene zu stärken und zu schützen, hat die Clubkommission verschiedene Empfehlungen ausgesprochen. Dazu gehört die Forderung nach weniger strengen Auflagen in Bezug auf Lärmschutz, Nichtraucherschutz und Baurecht, um den Clubs mehr Freiheit bei der Gestaltung ihrer Veranstaltungen zu ermöglichen. Darüber hinaus wird eine stärkere Berücksichtigung der Bedürfnisse der Clubszene in der Stadtentwicklungspolitik gefordert, um die Anerkennung als wichtiger Kulturort zu gewährleisten und Schutz vor Verdrängung sicherzustellen.
Bibliografie
Literaturquellen:
www.projektzukunft.berlin.de/fileadmin/user_upload/pdf/Publikationen/190730_CC_Clubkultur_Studie_FIN.pdf
www.dw.com/de/1989-revolution-der-clubkultur-im-wiedervereinigten-berlin/a-51033602
www.tip-berlin.de/konzerte-party/clubs/brox1-raves-ruinen-berlin-90er-jahre/
www.tip-berlin.de/konzerte-party/clubs/temporary-club-im-e-werk/
www.numeromag.nl/20-years-of-watergate-berlin-two-decades-of-attitude-styles-and-sounds/
www.gfe-berlin.de/veranstaltungen/56-gentrifizierung-in-berlin-verdraengungsprozesse-und-bleibestrategien
www.taz.de/Berliner-Clubs-wollen-Recht-auf-mehr-Laerm/!5109903/?goMobile2=1563148800042
www.taz.de/Nachtleben-in-Berlin/!5786349/
Bildquellen:
Abb. 1: www.bz-berlin.de/archiv-artikel/berliner-immobilien-preise-in-ost-und-west-fast-gleich
Abb. 2: www.tip-berlin.de/konzerte-party/clubs/brox1-raves-ruinen-berlin-90er-jahre/
Abb. 3: www.baukultur.nrw/artikel/night-fever-ausstellung-uber-clubkultur-im-vitra-design-museum/
Abb. 4: www.tip-berlin.de/konzerte-party/clubs/temporary-club-im-e-werk/
Abb. 5: www.rnd.de/panorama/silvester-1989-einmal-waren-wir-eins-KHVSN5HVJZERXO3L77RO634YAI.html
Abb. 6: www.udk-berlin.de/studium/kulturjournalismus-master-of-arts/masterarbeiten/masterarbeiten-werkstuecke/marie-gutbub/
Abb. 7: www.tip-berlin.de/konzerte-party/clubs/brox1-raves-ruinen-berlin-90er-jahre/
Abb. 8: www.xceed.me/de/berlin/club/watergate
Abb. 9: www.singulart.com/en/blog/2020/09/22/cult-becomes-art-special-exhibition-studio-berlin-at-berghain/
Abb. 10: www.matrix-berlin.de/galleries/berlinsane-27-jul-2019/#lg=1&slide=82
Abb. 11: www.musikexpress.de/rave-the-planet-neuauflage-der-loveparade-in-berlin-2166833/
Abb. 12: www.demo-online.de/artikel/klara-geywitz-2030-obdachlosigkeit-deutschland-ueberwinden
Abb. 13: www.gfe-berlin.de/veranstaltungen/56-gentrifizierung-in-berlin-verdraengungsprozesse-und-bleibestrategien
Abb. 14: www.taz.de/Nachtleben-in-Berlin/!5786349/