Bachelorthesis - Hochschule Bremen
 
BA 2011, Stephaniviertel Bremen
Marc Brandwein, August 2011

Bremer Baulücke im Stephaniviertel

Potential zum Wohnen und Arbeiten zwischen Hof und Stadt

 

 

The gap between the buildings
Potential to live and work between city and court
Bachelorthesis by Marc Brandwein


The Stephaniviertel in Bremen is the calm complement to the inner city of Bremen. The main
buildings are offices, apartment buildings and stores. The character of the hood is embossed by the perimeter block development.
The charm of the building site is coined by the form. One conventional and one narrow site. The old houses on the backside of the building site have many windows witch make it difficult to build on this site. Many model studies formed the concept of a typology which makes it possible to build at this place. The typology generates courts between the old buildings and the concept houses. The small courts have one mission: to carry light into the buildings. At the third floor of the houses there are big cuts to support the light transportation and to give the inhabitants one private outdoor place, a big roof terrace. To generate urbanity the concept contains different uses like terraced housing, apartments, offices and one artist studio.
The space allocation plan is based on a division that zones the house into three parts. The middle part absorbs the main function like the allotment, the WC, the cellar, the kitchen, the restroom and the intern allotment. The other Rooms are free in use. Also the use of the house is variable.

 

Baustruktur

 

Das Stephaniviertel bietet tagsüber das idyllische Gegenstück zum belebten Innenstadtbereich rechts der Brillkreuzung. Die Faulenstraße hält den Durchgangsverkehr aus dem Viertel fern, die geschlossene Blockrandbebauung sorgt für klare Straßenräume und beruhigten öffentlichen Raum. Durch die Gebäudenutzungen, die größtenteils das Wohnen oder das Arbeiten im Dienstleistungssektor umfassen, wird die Idylle gewahrt.

Der Reiz des Baugrundstücks liegt in der Differenzierung der verschiedenen Räume/Grundstücke: Ein langer, schmaler Raum in Verbindung mit einer eher konventionellen Baulücke. Die Schwierigkeit besteht darin, diese beiden Räume zu verbinden, auf die vielen, nicht überbaubaren Fenster des Bestands auf den Nachbargrundstücken zu achten und eine Typologie zu entwickeln, die es schafft, auf einem nur sieben Meter tiefen Grundstück den „fordernden“ Bestandsfassaden Raum zu geben und dabei den Straßenraum nicht zu verlieren.

Entwicklung der Baukörper und der Gassen

 

In ersten Modellstudien wurde versucht, auf die Anforderung der Stadt (Schließen des Straßenraums, Kontur) und die Anforderungen des Bestands (Fenster, Raum und Licht) räumlich Lösungen zu entwickeln. Die Formung des Straßenraums durch Blockrandbebauung wurde vertieft. Dabei musste erprobt werden wie nah an den auf der anderen Straßenseite liegenden Bestand herangegangen werden darf, bzw. wie hoch gebaut werden darf ohne den Straßenraum durch Verdunkelung oder Verengung zu zerstören. Hierbei wurden die Grenzen erprobt als Erkenntnis übernommen um möglichst viel Raum für den Entwurf zu gewinnen.
In einer zweiten Studie wurden die Räume zu den angrenzenden Grundstücken überprüft. Folgende Fragen begleiteten den Versuch: Wo fordert der Bestand Raum für die nicht überbaubaren Fenster und wie viel davon ist nötig um keine „toten“ Räume entstehen zu lassen? (In Abhängigkeit davon stand auch die Gebäudehöhe). Wie kann man diese Räume ausdifferenzieren und formen? Wie viel Raum bleibt für den Entwurf? Entstanden ist daraus ein Wechselspiel von andocken und abstoßen an Brandwand und fordernden „Fensterfassaden“. Der Entwurf tritt damit in den direkten Dialog mit dem Bestand und formt sich hier heraus. Der entstandene Hof dient primär der weiteren Belichtung des Entwurfs, welcher nun von zwei Seiten Licht erhält.

 

Lageplan M.1:500

 

Die erfolgte Typologie mit ca. 6m Tiefe und 11m Breite zieht sich trotz des Maßstabsprungs selbstbewusst um den ganzen nördlich gelegenen Bestand und formt die Stadt. Der sich neu ergebene schmale Raum nördlich der Jugendherberge konnte ebenfalls mit diesem Typus (in leicht variierter Form) besetzt werden. Die entstandene Gasse dient der Erschließung. Die Variation entsteht aus der Gegebenheit, dass die Jugendherberge an dieser Stelle fast ausschließlich Brandwände präsentiert und diese zur Hofausbildung ungeeignet sind. Der Hof wird also zum vorderen Hausteil als höher liegende Terrassen transformiert. Zum Schutz vor Blicken und zur räumlichen Ausgestaltung werden diese von Mauern begrenzt. Die Höhenentwicklung wird bestimmt durch die hierarchische Rangfolge der angrenzenden Straßen und der aus den Modellen gewonnenen Erkenntnis.
Die Straße „Geeren“, die als Verlängerung der Langenstraße als „heimliche“ und historische Hauptachse zwischen Stefani Viertel und Innenstadt dient, ist nutzungsdurchmischt: Arbeiten, Wohnen und Einzelhandel. Aus diesem Kontext heraus ist es die belebteste Entwurfsangrenzende Straße und der Kopf des Entwurfs. Räumlich ist es möglich geworden hier 4 Vollgeschosse zu etablieren. Die Große Fischerstraße ist weniger durchwandert und wird von der Öffentlichkeit aufgrund hoher Dichte eher als Gasse wahrgenommen. Räumlich ist die Überbauung mit max. nur 3 Vollgeschossen notwendig. (Wahrung des Raums von Hof und Straße).
Die neu erschlossene Gasse zwischen Fischerstraße und Kalkstraße bleibt den Raumproportionen treu und schließt sich der Dreigeschoßigkeit an.

 

 

 

Große Fischerstraße

 

Um den Höfen ein angemessenes Raumgefühl zu verleihen und genügend Licht „einzufangen“, werden Einschnitte an den Gebäuden vorgenommen, die so einem Wechselspiel aus 2 und 3 Vollgeschossen unterworfen sind. Diese Einschnitte werden als Dachterrasse genutzt. Ein intimes, helles Stück „Garten“ im Gegensatz zum Hof, der primär der Belichtung des Hauses dient.

 

Erdgeschoss M.: 1:200

 

1. Obergeschoss M.: 1:200

 

Das Raumprogramm folgt in allen Varianten einem Prinzip. Das Haus wird durch einen zentralen Funktionsbereich in 3 Teile zoniert. Erschließung, Windfang, WC, Keller, Abstellen, Müll, Küche, interne Erschließung und Bad werden vom mittleren Teil übernommen. Davon getrennt befinden sich in jedem Geschoss jeweils 2 Räume ohne festgeschriebene Nutzung, da alles „wichtige“ schon vom Mittelteil abgedeckt ist. Durch eine Schiebetür können sich die beiden Räume zum Mittelteil öffnen und somit ein fließendes Raumgefühl entstehen lassen (siehe Reihenhaus Erdgeschoss) oder sich von ihm abschotten. Die Loslösung von Nutzungszwängen in den Räumen überträgt die funktionale Variabilität auch auf das gesamte Haus, das in einem gewissen Rahmen alle möglichen Nutzungen übernehmen kann. (Vergl. Reihenhaus und Künstleratelier)

 

2. Obergeschoß M.: 1:200

 

Perspektive Küche

 

3. Obergeschoß M.: 1:200

 

Der Städtebau folgt in Variation, dem Prinzipien der „Europäischen Stadt“. Die äußere Gestalt des Entwurfs stützt diesen Gedanken durch die skulpturale Erscheinung, die auf der massiven Bauweise und den stehenden Fensterformaten der Lochfassade basiert. Die Entscheidung für die Lochfassade bringt zusätzlich Klarheit in der Frage nach der Intimität in einem sehr dichten, städtischen Gebiet. Durch gezielte Einschnitte in der Wand können äußere und innere Blicke gesteuert werden und Rückzug wird ermöglicht. Die Farbgestaltung der verputzten Fassaden, ein heller, „warmer“ Grau-Ton, soll neutral wirken, Ruhe in die „aufgeregte“ Stadt bringen und dem dichten Gebiet zusätzlich Helligkeit bieten.

 

Schnitt M.: 1:200

 

Der Aufbau der tragenden Außenwände setzt sich primär aus einem massiven, zweischaligen Kalksandstein Mauerwerk und einer Wärmedämmung zusammen. Die Betondecken spannen von Außenwand zu Außenwand und werden dabei von einer tragenden Innenwand gestützt. Die innere Organisation der Wände ist damit überwiegend frei. Variabilität in den Grundrissen wird ermöglicht. Der obere Abschluss der Gebäude wird aus einem Kaltdach, welches als ein mit Zinkprofilen verkleidetes Pultdach ausgeführt ist, gebildet. Das Dach übernimmt nur die Funktion des Witterungsschutzes. Es neigt sich in die Höfe, so dass der Lichteinfall unterstützt wird. Eine Attika bildet den Dachabschluss zur Straße, so dass das Dach fast versteckt wird und die Skulptur erhalten bleibt. Die innenliegende Entwässerung stütz dieses Bild.

 

 

 

Die Nachhaltigkeit des Entwurfs folgt weniger energetischen Standards (die trotzdem eingehalten werden) oder besonderen energieeffizienten Anlagen, sondern eher dem Prinzip der Dauerhaftigkeit und Langlebigkeit: Zeitlosigkeit in seiner äußeren Gestalt (klassische Fenstergliederung und ruhige Fassaden) und Variabilität in Grundrissen, nutzungsneutrale Räume und Häuser.

 

 

Modell M.: 1:500