Masterthesis – Hochschule Bremen
 
Ein neuer Universitätsstadtteil für Bremen – Entwurf
Jens Reichelt, Februar 2015
SCHWARZPLAN M 1:20.000


DAS KONZEPT DER WASSERWEGE
Im Bereich der Universität gibt es Unmengen an Fleete, die zum Großteil in die Kleine Wümme münden. Die Kleine Wümme ist ein Zufluss der Wümme, dessen Verlauf sich über das gesamte Bremer Blockland erstreckt und über weitere Flussabzweigungen der Weser zugeführt wird. Aufgrund der geringen Geländehöhe Bremens und der hohen Niederschlagswerte kann eine schlechte Abführung des überschüssigen Wassers schnell zu Überschwemmungen führen. Die kleine Wümme definiert die nördliche Baugrenze des Entwurfs.
Ausgehend davon, werden neue Flussläufe geradewegs von Nord nach Süd durch das gesamte Planungsgebiet verlegt. Im Bereich der Gleisanlagen und des neuen Boulevards erfolgt ein Richtungswechsel von West nach Ost sowie eine Flächenverringerung der Fleete. Es entstehen verschiedene Wasserkreisläufe, die allesamt miteinander verknüpft sind und Bezug zur Kleinen Wümme haben. Die Fleete sind sowohl im öffentlichen als auch privaten Raum integriert. Die Differenzierung der Fleetbreiten an unterschiedlichen Knotenpunkten ermöglicht eine natürliche Fließgeschwindigkeit, die maßgebend für eine Unterwindung der Straßen und Bahngleise ist. Die gesamte Wasserfläche bleibt konstant.

ANALYSE WASSER BESTAND + ANALYSE WASSER NEU


An dem Raster der Fleete definiert sich die Infrastruktur. Die wichtigsten Verkehrsadern bilden die erweiterte Bibliothekstraße, ausgehend von der Universität und ein kommerzieller Boulevard, der eine Verbindungsachse zwischen dem Bürgerpark und Riensberger Friedhof schafft. Die Straßenbahnlinie der Universität wird durchgehend bis zur gegenwärtigen Haltestelle in der Kulenkampffallee (Linie 8) erweitert. Zusätzlich ist eine Verknüpfung und Ausweichmöglichkeit zur Hermann-Henrich-Meier-Allee (Linie 6) vorgesehen. Die Straßenbahnlinie 6 verkehrt momentan als einziges öffentliches Verkehrsmittel auf direktem Weg zwischen der Universität und dem Bremer Stadtzentrum. Das überdurchschnittlich hohe Fahrgastaufkommen würde entlastet werden.
Im Entwurf ist ein zusätzlicher Bahnhof für das Regionalbahnnetz (Bremen - Hamburg) mittig des Planungsgebiets vorgesehen. Er gewährt sowohl Studenten, Bediensteten des Technologieparks als auch Anwohnern eine schnelle und unkomplizierte An- und Abreise und sorgt für eine Aufwertung des Gebiets.
Das Areal ist als Mischgebiet konzipiert, welches Wohn- und Gewerbeflächen miteinander vereint. Es ist eine individuelle Anordnung möglich. Entlang der Hauptstraßen stehen die Erdgeschosse dem Gewerbeaufkommen zur Verfügung. Im südlichen Bereich, nahe Schwachhausen, sowie unmittelbar am Bürgerpark und Riensberger Friedhof überwiegt der Wohnungsbau. Die ausgiebigen Innenbereiche der Blockrandbebauungen dienen zusätzlich als Gewerbenutzflächen. Eine Anstauung von Büroeinheiten an einem Ort, so wie es im Technologie-park der Fall ist, wird hingegen relativiert.

ANALYSE INFRASTRUKTUR (vorh. Strassennetz) + ANALYSE FLÄCHENNUTZUNG


RAHMENPLAN M 1:2.000


GELÄNDESCHNITTE M 1:200



MORPHOLOGIE M 1:2.000


BLICK RICHTUNG OSTEN


Der Bahnhof befindet sich am Kreuzungspunkt zwischen Gleisanlage und der verlängerten Bibliothekstraße und dient als Haltestelle für die Eisenbahnstrecke Bremen/Hamburg. Er ist um wenige Meter in das östliche Baugebiet eingerückt, so dass er vierseitig erschlossen werden kann. Dies ermöglicht eine unkomplizierte Fortsetzung des Fußweges sowohl zur Universität, ins Schwachhauser Wohngebiet, in Richtung Bürgerpark und zum Riensberger Friedhof.



Vom Bürgerpark zum Riensberger Friedhof erstreckt sich eine knapp ein Kilometer lange Boulevardachse. Inmitten dessen befindet sich ein 70 m langer und 30 m breiter öffentlicher Platz. Er grenzt unmittelbar an den Gebäudebestand Schwachhausens und steht in direkter Verbindung mit der Straßenbahnerweiterung und dem neu integrierten Bahnhof. Die charakteristischen Merkmale des Platzes sind zwei Hochhäuser mit einer Höhe von 24 und 36 m. Sie repräsentieren die Mitte des Boulevards und zeichnen sich in dem streng gestrickten Bauumfeld als Individuen und Orientierungspunkt für den neuen Universitätsstadtteil ab.



Die Gebäudeeinschnitte an den Hauptverkehrsachsen sind gestalterisch als städtebauliche Auflockerung der streng gegliederten Fassaden anzusehen. Aus funktionaler Sicht dienen sie als Zufahrtsbereiche für die Innenhöfe.
Entlang der Fleete besitzen die Gebäude nach Osten und Westen ausgerichtete Dachterrassen. Die unterschiedliche Tiefe schafft eine dezente organische Baustruktur, die dem Wasser folgt.
Die Blockrandbebauungen sind in Richtung der Gleisanlagen geöffnet. Das hat den Anlass, keine zusätzliche Trennung mittels einer doppelten Mauer samt Gleisanlage zu errichten. Ziel ist es, eine Zusammenkunft der Stadtteile zu schaffen!



RAHMENPLAN M 1:1.000


MODELL M 1:1.000


BLICK NACH NORDEN


Der Schallschutz resultiert aus natürlichen und entwurflichen Einbettungen: Unmittelbar an den Gleisen werden die Enden des Blockrands um wenige Meter nach innen geführt. Die Gewerbeeinheiten im Innenhofbereich sind so angeordnet, dass sie den Schall streuen. Des Weiteren grenzen Baumreihen das Gleisbett vom Wohnungsbau ab.

SCHALLIMESSION


DIE (UNTER)WINDUNG DER BAHNGLEISE
Die Fleete müssen an zwei Standpunkten unter dem Gleisbett hindurchgeführt werden, wofür eine Unterdükerung angewendet wird. Voraussetzung für einen gut funktionierenden Düker ist eine ausreichende Fließgeschwindigkeit und die Minimierung der Verschmutzung des Gewässers. Die bereits vorhandenen Fleete sind gegenwärtig in das Wasserregulierungsnetz der Kleinen Wümme eingebunden und werden über den Gehrkenstau sowie das Schöpfwerk und Siel Wasserhorst reguliert. Aufgrund der geplanten Wasserkreisläufe mit unterschiedlichen Breiten entsteht eine zusätzliche natürliche Strömungsgeschwindigkeit. Der Pegelstand beschränkt sich auf 1 - 1,5 m.
Ein Düker beruft sich auf das physikalische Prinzip der kommunizierenden Röhren. Dabei sind zwei Röhren an der Unterseite miteinander verbunden, oberhalb hingegen offen. Wenn auf einer Öffnungsseite konstant Wasser nachfließt, füllt sich die Röhre bis zu einem beidseitig, nahezu gleichen Pegelstand. Die Austrittsseite muss um ein Minimales tiefer liegen, damit das zyklische Prinzip problemlos funktioniert. Im Rohrsystem entsteht ein Überdruck, welcher das Wasser auf der gegenüberliegenden Seite des Eintritts abfließen lässt. Es wird keine zusätzliche Pumpstation benötigt. Um einer Verschmutzung innerhalb des Leitungsnetzes vorzubeugen, wird die Fließgeschwindigkeit erhöht, indem der Rohrquerschnitt nach dem Eintritt reduziert wird. Der hohe Druck im Leitungssystem lässt das Wasser schneller entweichen und mindert damit die Einlagerung von wassermitführendem Dreck.
Im Bereich der Bausubstanz und für Durchfahrtsbereiche werden die Fleete überbaut und als unterirdisches Kanalsystem fortgeführt. Größtenteils bleibt ihr Erscheinungsbild hingegen an der Straßenoberfläche ersichtlich und kann oberhalb mit Gitterrosten versehen werden.

ZIRKULATION DER FLEETE


GELÄNDESCHNITT UNTERDÜKERUNG M 1:200


SCHNITT-MODELL M 1:500


EINE AM WASSER GEBAUTE EINHEIT
Die bauliche Struktur des neuen Universitätsstadtteils setzt sich überwiegend aus viergeschossigen Blockrandbebauungen zusammen. Die Gebäude besitzen in der Regel ein zuzügliches Kellergeschoss oder Souterrain. Die Baugrenzen ergeben sich aus der Lage der Straßen und Fleete, wie sie analysiert und erweitert wurden. Die Fläche ist als Mischgebiet für Wohnen und Gewerbe konzipiert.
In den Wohngrundrissen sind im Erdgeschoss zwei 3-Zimmer-Wohnungen mit separater Erschließung angeordnet. Die Flächen betragen 95 m² und 115 m². In den drei Obergeschossen befinden sich jeweils zwei 3-Zimmer-Wohnungen mit Wohnflächen von je 95 m² sowie eine 57 m² große 2-Zimmer-Wohnung. Die 2-Zimmer- und eine 3-Zimmer-Wohung werden über eine gemeinsame Loggia erschlossen, die zugleich als Aufenthaltsraum im Außenbereich dient. Beide Wohnungen können getrennt voneinander, aber auch als gemeinschaftliche Wohneinheit - wie es gern von Studenten gehandhabt wird - genutzt werden.
Die gewerbliche Nutzung ist in den Grundrissen in drei verschiedenen Variationen dargestellt. Variante 1 im Erdgeschoss beinhaltet eine 218 m² große Ladenfläche mit direkter Straßenerschließung. Im 1. Obergeschoss (Variante 2) befindet sich eine 205 m² große Erweiterungsfläche, zuzüglich Mitarbeiterräume, für das im Erdgeschoss angesiedelte Gewerbe. Variante 3 im 2. Obergeschoss zeigt die Integration dreier Büroflächen mit je 144 m², 46 m² und 45 m². Die gewerblichen Obergeschosse besitzen, in Anlehnung an den Baustil der Wohneinheiten, je eine Loggia, die als Pausenbereich genutzt werden kann.
Um innerhalb der kommerziellen Straßen eine Ebenerdigkeit beizubehalten, muss das Gelände zwischen Einfahrt und Innenhof, sowie der angrenzenden Parzelle angeglichen werden. Es gilt das allgemein definierte Höhenniveau aus den Geländeschnitten in Bezug auf die Fleete anzupassen.

GEBÄUDETYPOLOGIEN M 1:500


GRUNDRISSE M 1:200: 2. + 3. OG / 1. OG / EG


GEBÄUDESCHNITT M 1:200


ANSICHT M 1:200