MASTERSTUDIENGANG - ENVIRONMENTAL DESIGN
Berlin – Stadtleben auf dem Flugfeld – Von Tempelhof nach Tegel
Berlin - Kultur einer Form und Grenze zur Landschaft
Prof. Klaus Schäfer, Lehrstuhl Städtebau, Hochschule Bremen, Februar 2013

BERLIN – KULTUR EINER FORM UND GRENZE ZUR LANDSCHAFT

 

 

Leitbilder einer städtebaulichen Entwicklung Berlins
In einem Semesterprojekt sind wir den übergeordneten Fragen der Stadtentwicklung und ihren räumlichen Auswirkungen bis hin zur Architektur des einzelnen Hauses mit unseren Studenten im Masterstudiengang nachgegangen. Wir haben einen weiten Bogen zwischen den Orten des Wachstums, der Konzentration und den Grenzen im Verhältnis zum Ganzen gespannt. In welchen Idealen sollten sie sich lokal in Berlin abbilden?
In einem gemeinsamen Workshop mit Professor Frank Schwartze, Lehrstuhl Stadtplanung der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU), seinen Studenten und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (SenStadtUm) haben wir im Flughafen Tempelhof hierzu die Grundlagen im Oktober 2012 erarbeitet.
Die Zusammenwirkung von stadtplanerischen Entscheidungen, einer städtebaulichen Umsetzung und typologischer Zuordnung hinsichtlich der Architektur stehen für Maßstäbe von der Makro- zur Mikro-Ebene. Die Sinnfälligkeit aller Ebenen der Stadtplanung berührt politische Fragestellungen der Gesamtstadt. Der Städtebau bringt in seiner Gestalt Nutzungs- wie Eigentumsstruktur und Architektur zusammen, gibt somit die ökonomischen und kulturellen Entwicklungsmöglichkeiten eines Ortes vor. 
Bestimmend für die Qualität des Städtischen ist nach innen das Verhältnis von sozialer Dichte, die enge Nachbarschaft aller Nutzungen, die Kleinteiligkeit der Strukturen und die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer. 
Die ‚Kultur einer Form‘ kann in vielfacher Hinsicht als Mehrwert des Städtischen gesehen werden, in idealer Weise bezieht sich das auf: Kommunikation, Solidarität, Soziabilität, Konfliktbewältigung, Wissens- und Warenproduktion, Transformationsfähigkeit und Nutzungsfreiheit. Kristallisiert sich dies in einer baulichen Differenzierung aus öffentlich und privat, so entsteht eine zugleich erforderliche Lesbarkeit und damit Orientierung im Stadtraum.
Nach außen wird die Kulturfähigkeit der Stadt durch den Schutz der Landschaft deutlich, wie zudem die Qualitäten des Inneren bis an die Grenzen der Stadt Geltung haben sollten. An einer Demarkation zwischen Innen und Außen wird die Ungleichartigkeit zu einem eigenständigen Wert, das Offene trifft auf das Geschlossene, das ‚wilde‘ Unverhüllte auf eine gemeinsame räumliche Ordnung der Stadt. Wenn auch aus der Stadt heraus entschieden wird, was die Form, den Inhalt und die Aufgabe seines Gegenübers in der Landschaft charakterisiert.

Stadt – Ein rares Gut im Verteilungskampf um Urbanität
Wie in vielen deutschen Großstädten stehen wir in Berlin mittlerweile in einem Verteilungskampf um die urbanen Stadtquartiere. Die allenthalben freudig aufgenommene Beobachtung der ‚Renaissance des Städtischen‘ mündet auch hier in einer Konkurrenz um die letzten Altbauquartiere, der überall beklagten Gentrifizierung. Die damit verbundene soziale Segregation vertreibt angestammte Bewohner in monostrukturierte Siedlungen - zumeist in den Außenbezirken. Die Stadt der kurzen Wege, die Nachbarschaften aus Wohnen, Arbeiten, Büro, Gewerbe und dichter Infrastruktur werden so mehr und mehr zu einem Privileg des Wohlstands, kultureller und politischer Teilhabe im und am öffentlichen Raum. Der seit über dreißig Jahren bezweifelte und trotzdem fortgeschriebene nutzungsgetrennte Städtebau wird zum Arbeiten und zum Wohnen den ärmeren Bevölkerungskreisen überlassen.

Die Form der Stadt – Berlin in seinen inneren und äußeren Grenzen
Der Städtebau formt die Räume der Stadt. Auch Berlin hat seine Form. Leicht nachvollziehbar können wir von einer inneren Form sprechen. Jedenfalls solange wir Linien aus dem 19. Jahrhundert oder davor finden, die von den Architekten akzeptiert wurden, in dem man ihnen baulich folgte. Konkreter, deutlich spürbarer wird die innere Form der Stadt in den Kernen der Stadtteile bei mehr oder weniger geschlossener Blockrandbebauung. Sofern diese Form sich nicht monostrukturell auf eine Nutzung bezieht, geht das Städtische aus der Kombination von Form und Inhalt für uns hervor. Prinzipiell haben wir auch erst hier ein sinngemäßes Ergebnis des Städtebaus, meint man damit die Herstellung von Stadt als urbanes Paradigma. Vielleicht noch erweitert um die Berücksichtigung des Maßstabs: Eine Summe aus Planungen, aber auch Freiheiten, die so der heutigen Stadtplanungspraxis im Neuen kaum gelingt. Was sie ausnahmslos anstrebt ist ein ‚nutzungsgetrennter Städtebau‘ (1).
Die Frage der äußeren Form der Stadt erscheint aufgrund des Verlustes von Landschaft wie der Körperhaftigkeit von Stadt als ein ‚naturgegebenes‘ Format der aufgegebenen Grenze. Die Auflösung in die Landschaft, die Suburbanisierung macht mit zunehmender Größe der Stadt eine Form noch unfassbarer. Wenn, wie bei Berlin, die Stadtteile untereinander zudem innere Peripherien ausbilden, bekommt das Ganze aus der Ferne den Charakter einer Schraffur aus Landschaft und Besiedlung.
Dennoch bliebe es das Eingeständnis einer Ohnmacht von Stadtplanung wie des Städtebaus, behauptete man, so etwas wie eine äußere Form gibt es nicht. Denn auch das letzte Haus an der Grenze zu Brandenburg hat seine Form. Selbst wenn diese nicht im Kanon zu anderen steht, ist auch das eine Tatsache der Form und das Ergebnis von Planung.

Berlin – Stadt ohne Form? (2)
Die Identität von Berlin wird gerne in einer von Brüchen rhythmisierten Stadt gesehen. Als Wechsel aus Dichte, Offenem, Stadtraum und Freiraum, Siedlung und Brachland, so als hätte man kompositorisch Schnipsel der Banlieue in das Gewebe von Paris – intra-muros – eingemengt. Wie sehr hat man sich damit abgefunden: Dem gewohnten Einerlei aus Suburbanisation, raum- und strukturlos im Wechsel zum Stadtganzem, körperhaft und substanziell, dies nahtlos ineinander übergehend, schön und hässlich zugleich, „la beauté de l’ordinaire“. Die dazu beliebte Anamnese der Berliner Stadtlandschaft aus früher eigenständigen Gemeinden, selbstverschuldeter und hausgemachter Zerstörung, der Trennungsgeschichte, sowie einer recht kurzen Historie, täuscht darüber hinweg, dass Planung als Fortschrittsbegriff nicht im Befund enden sollte. Das Werden einer Stadt vollzieht sich nicht entlang städtebaulicher Rückzüge, sondern im Gegenteil, über städtebauliche Konstruktionen und räumliche Strategien, die danach streben, Teile einer Stadt zusammenzufügen, wo dies möglich ist. Katharsis ist kein Begriff des Raumes, sondern kulturell-politischer Natur in einer Gesellschaft. Nische und Brache in der Stadt sind Ergebnisse von Prozessen. Sie sind die Potenziale für neue Verfestigungen. Ihr temporärer Gehalt spricht sowohl von der Auflösung und Ablösung, aber auch für die Möglichkeit einer neuen Setzung.
 
Warum die Stadt ‚formen’?
Nachvollziehbar lassen sich Argumente für Nachhaltigkeit, ökologisch sinnvolle Stadtentwicklung mit einer „(…) Ethik des Genug“(3) verbinden. Demzufolge ist die dichte und kompakte Stadt erkennbar die ressourcenschonende. Schon aus dieser Haltung ergibt sich zwingend eine Grenze zur Landschaft und somit eine Form. In der Form liegt das Bekenntnis zur Selbstbeschränkung und mit einem städtebaulichen Konzept erhält die Stadt auch eine hierfür repräsentative Gestalt. Die Form des Einen wird hier auch zur Form des Anderen, zur Form der Landschaft, der Umgebung, eines Gegenübers. Oder umgekehrt aus der Perspektive einer Landschaft betrachtet, wird mit einer Außenlinie ein Stopp-Zeichen (4) gesetzt mit sanftem Zwang zum Städtischen. Denn Verdichtung und die Forderung nach einer Stadt der kurzen Wege lässt auch eine Nutzungstrennung mehr und mehr unsinnig erscheinen (5). Wo die Gebräuche der Stadt sich nähern, schafft es die Planung zwar, das Fabriktor von der Eingangstür zum Wohnhaus fern zu halten, obwohl ihre Rücken sowieso schon lange aneinander stoßen.
Aber bedeutsamer und dadurch in seiner Symbolik fruchtbarer ist es, die Form und die Formgebung als ein Zusammenführen der Gesellschaft in Nähe und Nachbarschaft, in Handel und Produktion, der im Grunde wesenhaften Bedeutung von Stadt, zu betrachten. Hier ist ein großer Verlust  –  durch Auflösung, Zerteilung, Taylorisierung und Individualisierung – in der Planung der letzten Jahrzehnte zu konstatieren.
In der Form der Stadt liegt ein Formgesetz, eine Symbolik der Abgeschlossenheit, wobei das Abgeschlossene als eine Rückbesinnung auf sich selbst, die Hinwendung auf das Innere im Unterschied zur Flucht nach außen, verstanden werden kann. Die Verbundenheit durch Dichte und gemeinsame Grenzen erzeugt ein Gefühl von Körperlichkeit für die Stadt, als Träger des sozialen Miteinanders.

Ästhetik der Ökonomie
Eine sinnvolle Proportion zwischen privat und öffentlich trägt als ‚Ästhetik der Ökonomie‘ wesentlich zum Wert des Städtischen bei. Wirtschaften und häusliches Leben finden ihr Gegenüber in den Anlagen zur Repräsentation, Kultur und Kontemplation. Die einer städtischen Lebensform immanente Ausgewogenheit geht aus dem Verhältnis der Bestandteile, die dem privaten und dem öffentlichen Leben gewidmet sind, und deren städtebaulichen und architektonischen Unterscheidbarkeit hervor. Es kann im Detail der Architektur, wie im Großen und Ganzen der Stadt, sowohl ein Zuviel an Privatheit als auch ein Zuviel an Öffentlichem geben. Dies ist nicht nur eine Frage der Unterhaltungskosten von Grünanlagen, sondern berührt etwas ganz Grundsätzliches. Das Verhältnis zwischen Handeln und Sein spiegelt die Kultur der Stadt. Der Wert des Gemeinschaftlichen drückt sich nicht dadurch aus, dass man möglichst viel davon hat, sondern, dass man es mit anderen teilt.

Strategische Orte der Stadtentwicklung Berlins
Die ehemaligen Flughäfen Tempelhof und Tegel spielen zusammen  – neben anderen Entwicklungsgebieten - schon aufgrund ihrer Größe eine bedeutende Rolle für die weitere Stadtentwicklung von Berlin. Hinzu kommen die jeweilige Lage, die historischen Wurzeln und die damit verbundene Symbolik. In der Diskussion um die Zukunft dieser Orte werden sehr unterschiedliche Akzente gesetzt und auch die Öffentlichkeit nimmt daran nicht in gleicher Weise teil. Tempelhof steht stark im Fokus verschiedener und lautstark vorgetragener Interessen, während sich um die Zukunft von Tegel hauptsächlich die Wirtschaftsbehörde wirklich zu sorgen scheint. Für Tempelhof stehen die Einzelinteressen und Lösungen, wie beispielweise die Diskussion um eine Zentralbibliothek, in einem krassen Missverhältnis zu den gigantischen Ausmaßen des ehemaligen Flugfeldes.

Tempelhof - Stadtpark ohne Stadt
Der große Tiergarten in Berlin verfügt über eine Ausdehnung von 280 Hektar, der Schlossgarten von Charlottenburg über eine Größe von knapp 50 Hektar. Dies als eine gedanklich quantitative Voraussetzung, um sich dem Tempelhofer Flugfeld, seiner Nachbarschaft und den Planungen daran zunächst im west-östlichen Übergang zu nähern.
Auf eine Kleingartenkolonie zwischen Schöneberg und Tempelhof von 110 ha folgt  – getrennt durch eine S-und Fernbahntrasse und den Grünzug Schöneberger Südgelände – eine Gartenstadt aus Siedlungs- und  Einfamilienhäusern auf 180 Hektar, gerühmt „für eine aufgelockerte und mit Gärten durchsetzte Bauweise“(6). Diese mündet in den neu geplanten Großpark der Stadt „Tempelhofer Freiheit“ mit einer Ausdehnung von gut 350 Hektar gefolgt von der Hasenheide und vier grünen Friedhöfen auf insgesamt 160 Hektar. Die südliche Kante des angestrebten Großparks prägt schichtenweise zuerst der Südring der S-Bahn, dann eine Autobahn und ein bandförmiges Gewerbegebiet. Der engere Ring um den ehemaligen Zentralflughafen besteht aus einem beständigen Wechsel von Sportflächen, Kleingärten und weiteren Gewerbegebieten. Allein östlich von Neukölln kommend schiebt sich eine einzelne urbane Brücke zur Stadt bis an diese große Wiese.
 
Tegel – Der andere Ort
Die beiden aufgelassenen oder aufzulassenden Flugfelder von Berlin Tempelhof und Tegel unterscheiden sich von ihrer räumlichen Lage zur Stadt her deutlich. Aus großer Distanz betrachtet nimmt Tempelhof eine zentrale Lage ein und Tegel eine mehr randstädtische Position. Auf den jeweiligen Ort fokussiert, ergeben sich dagegen - wie bei Tempelhof - Randbedingungen, die einen völlig anderen Blick ermöglichen.
Für Tegel ist eine Nachnutzung als Gewerbe- und Industriegebiet mit einem breiten Grüngürtel als Abstandsfläche vorgesehen. Bei einer ideellen Betrachtung dieser großen Freifläche fällt ihr kontrapunktisches Verhältnis zur großen ‚Wiese‘ zwischen Schöneberg, Kreuzberg, Neukölln und Tempelhof auf. Der Ort bildet mit Charlottenburg, dem Wedding und Reinickendorf einen gemeinsamen Übergang von der Stadt zur Landschaft aus, die bis an den Tegeler See stößt.

Maßstab, Ensemble und Architektur – Von Tempelhof nach Tegel 
Diametraler als bei den beiden Hauptgebäuden kann sich das Verhältnis der Architektur zur selben baulichen Aufgabe nicht darstellen: Die Monumentalität eines ‚Bahnhofs zur Welt‘, der an Geste, Machtdemonstration und Technikglaube unüberbietbar erscheinen sollte und die Antimonumentalität eines ‚Abfertigungsgebäudes‘ dessen Leistungsfähigkeit mit Begriffen, wie Effizienz oder Minimalismus belegbar, sich gerade – 2013 – als Ersatz für drei Flughäfen unter Beweis stellt. Von der emblematischen Figur eines Flughafens bis zum Detail der Architektur bleiben die Unterschiede in ihrer formalen Gegensätzlichkeit sehr deutlich. Die enorme Figur des Flughafengebäudes aus den Dreißigern bannt scheinbar die Öffentlichkeit wie ein Zyklopenblick, so dass gleichsam als räumliche Referenz ein offener Naturraum erwartet wird. Ebenso kann der mehr pragmatische Ansatz, ein Industriegebiet auf dem Flughafengelände Tegel zu entwickeln, als Antwort auf die Funktionalität der schlichten Gebäudeanlage verstanden werden.
Gemessen an der üblichen Platzierung von Flughäfen weit vor den Toren einer Großstadt liegen Tempelhof und Tegel so nah wie der Hauptbahnhof zum Zentrum. Unmittelbar zur Nachbarschaft zeigt sich, bei aller verständlichen Ablehnung des Tempelhofer Flughafengebäudes, wie sehr man sich hier doch auf die Stadt bezieht, wenn auch mit monumentaler Geste und wie wenig die Stadt beim Flughafengebäude Tegel eine Rolle spielt.

Rahmen oder Füllung – Fassung oder Kern
Für unsere Aufgabe bot sich die Möglichkeit, in sehr unterschiedlichen Maßstäben der Stadtentwicklung im Zusammenwirken von Stadtplanung, Städtebau und Architekturtypologie nachzugehen. Konzeptionell konnten die beiden großen Entwicklungsgebiete in Zusammenhang gebracht werden, kontrapunktisch, in gegenseitiger Abhängigkeit oder unabhängig jeweils für sich betrachtet. Die einzelnen Gebiete lassen sich als offener Raum oder geschlossene Stadtfläche betrachten, wobei zu jedem Konzept ein städtebauliches Layout definiert werden sollte. In welcher Form von Architektur der Städtebau in unseren Projekten  nun umgesetzt ist, macht letztendlich deutlich mit welcher Vorstellung von Stadt entwurflich gearbeitet wurde. 
Der gemeinsamen Vorarbeit mit der BTU folgte die konzeptionelle Vertiefung in städtebaulichen Entwürfen jeweils an den Hochschulen. Die Arbeiten der Studenten aus Cottbus gingen in den diesjährigen „Schinkelwettbewerb“ ein und bezogen sich damit auf Tegel, während in Bremen hauptsächlich an Tempelhof weitergearbeitet wurde. 
Die Arbeiten der School of Architecture Bremen (SoAB) entwickeln sich vom Rahmenplan i.M.: 1:2.500 bis zum typologischen Detail einzelner Straßenzüge und Gebäude i.M.: 1:500. Allen Arbeiten gemeinsam ist die differenzierte Betrachtung der öffentlichen und privaten Räume, das Verorten einer geeigneten Infrastruktur von der Schule bis zur U-Bahnlinie oder der neuen Bibliothek, der Anwendung von nutzungsgemischten Strukturen und einer konzeptionellen Entwicklung über lange Zeiträume. Im Sinne des Maßstabs einer so massiven Stadtentwicklung mit einem realistischen Zeithorizont erscheint die Niederlegung der vorhandenen A100 als heutige Schranke nach Süden und die Transformation dieser Straße zu einem städtischen Boulevard als Detail und dennoch als Paradigmenwechsel, der in einige unserer Konzepte eingegangen ist.


Fußnoten:
(1)   In dem Buch mit dem Titel „Zur Alltagstauglichkeit unserer Städte“ führt der Stadtplaner Andreas Feldtkeller aus, dass er zwei Formen von Nutzungsstrukturen in der Stadt für sinnvoll hält: Getrennte oder sortierte Strukturen des Wohnens, des Gewerbes und der Dienstleistung und dem gegenüber nachbarschaftliche Nutzungen in gemischten Quartieren. Der Bürger sollte frei wählen können, welcher Wohn-, Lebens- und Arbeitssituation er den Vorzug gibt und auch für welche Tätigkeit. Beklagenswerter weise gibt es diese Wahlmöglichkeit kaum noch, da seit Jahrzehnten nur noch eine Art von Stadt präferiert und gebaut wird, obwohl diese in Fachkreisen schon lange sehr umstritten ist. (Verlag Hans Schiler, Berlin/Tübingen, 2012)
(2)   „Berlin – Stadt ohne Form. Strategien einer anderen Architektur“ war vor gut zehn Jahren ein erfolgreicher Band, in dem der Architekturkritiker Philipp Oswalt eine Gegenposition zum Planbaren in Inhalt und vor allem in der städtebaulichen Form definierte. Die treffende Analyse und ein prägnanter Befund der Stadt Berlin werden zur Untermauerung eines sinnfälligen Plädoyers, in dem sich der Autor für den Wert des Prozesshaften in der Stadt stark macht. 
Doch stehen Formwille und Städtebau nicht zwangsläufig gegen eine Wandlungsfähigkeit und die Form des Einzelnen, die in diesem Buch als eine Sammlung ungebauter ‚guter’ Beispiele aufgeführt wird, steht oftmals in ihrer Singularität unveränderbar gegen den Kontext. (Prestel Verlag, München, 2000)
(3)   Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, hat zu einer „Ethik des Genug“ aufgerufen. „Die Bibel lehrt Menschen, ,Wohlstand‘ und ,Fülle des Lebens‘ nicht ausschließlich und auch nicht in erster Linie materiell zu definieren“, (…) „Gut leben“ heiße nicht nur „viel haben“, sondern auch „solidarisch leben“ und „mitmenschlich teilen“. (…) (EKD-Ratsvorsitzender auf dem Transformationskongress in Berlin, 8. 6. 2012)
(4)   „Anleitung zum Stadtumbau“, Dieter Hoffmann-Axthelm, Sichtbare Grenzen der Stadt: „(…)Wer kompakte Stadt will, muss sich dann aber auch mit dem Problem des Aufhörens städtischer Bebauung befassen. Unabhängig von jeder Formproblematik braucht man Stop-Schilder. Die Grenzsetzung braucht wirkliche Grenzen, und diese sollten dann auch möglichst sinnfällig, also landschaftlich oder formal evident sein. Entweder, man stützt sich auf landschaftliche Vorgaben, oder man versucht, eine zu Grenzeinhaltung motivierende Planfigur zu finden. 
Woher Figuren nehmen, wenn das Stadtwachstum alle Stadtgestallt überrollt hat? Wir sind aufgeklärt genug, um Grenzfiguren ohne kosmologischen oder militärischen Hintergrund denken zu können. Worauf man sich stützen kann, sind, auf dem Papier, wie in der Wirklichkeit, Wahrnehmungseffekte - die Wahrnehmbarkeit begrenzter, noch gerade als begrenzt wahrnehmbarer Ausdehnung. Also Kantenbildung.(…)" (S.165, Campus Verlag, Frankfurt/New York, 1996)
(5)   In der Schweiz werden derzeit in vielen Städten die Schranken zu größeren Industrieanlagen in unmittelbarer Nähe zu den Stadtzentren aufgelöst, d.h. in die ehemals abgeschlossene Werksanlagen werden Dienstleistung, Wohnen, Gewerbe, Schulen eingefügt, oftmals unter Erhalt der identitätsstiftenden vorhandenen Gebäude und partiellem Bestand industrieller Produktion.
 (6) Die Bezirksbürgermeisterin Elisabeth Ziemerfasst erläutert die Planungsabsichten der ‚Väter’ der Gartenstadt Tempelhof in dem Text Ein historischer Überblick über Neu-Tempelhof, im Hauptstadtportal, Bezirk Tempelhof- Schöneberg.

 

Plakat der Ausstellung mit Hinweis auf den Workshop