Prof. Klaus Schäfer, Lehrstuhl Städtebau, Hochschule Bremen, Wintersemester 2007/2008
ZU FUSS – Gehen als Maßstab
Wir werden uns in diesem Semester Stadt und Land im Maßstab des ‚Gehens’ annähern. (Wieder-)Entdeckt werden derzeit Begriffe wie ‚la dérive’, Spaziergangswissenschaften, situationistischer Raum oder ‚walkscapes’ als Methode einer gewandelten Wahrnehmung der Umwelt in zahlreichen Publikationen und Ausstellungen. Wir werden im Rahmen unseres Seminars den Wurzeln dieser Bewegung nachgehen, die aktuelle Diskussion nachvollziehen, eigene Schlüsse ziehen und den Bremer Stadtraum als Experimentierfeld betrachten. Das Credo des Seminars soll sein ‚Zufußgehen als Luxus’!
Aufgabe des Seminars
Eine unmittelbare Raumerfahrung ist an unseren Körper und seine Bewegungsform gebunden. Das Gehen im öffentlichen Raum wird bestimmt von dieser subjektiven Körperlichkeit und den Möglichkeiten die uns die Umgebung zumeist in 2-dimensionaler Richtung lässt. Dies wird als spannend, gar entspannend oder umgehrt mühselig empfunden. Diese Empfindungen sind mitbestimmt vom Charakter dieses Raumes. Der Charakter des Raumes wird oftmals bestimmt von der Planung.
Diese Verkettung wollen wir in Teilgebiete zerlegen und nach den Bedingungen hierfür Fragen: Was ist urban beim Gehen? ‚Warum ist Landschaft schön’? Liebt der Fußgänger dynamische Architektur?
In dem Seminar geht es um den Zusammenhang des menschlich-körperlichen Maßstabs (zu Fuß) und der gebauten Umwelt, ein kritischen Überprüfung des Vorhandenen (Stadt und Land), der eigenen Vorstellungen (Wahrnehmung) und einem konzeptionellen Werden (Beziehung zum Berufsfeld Architektur). Eine Wertschätzung dieser Dimensionen soll sich aus sinnlicher Vermittlung, technischer Aspekte, soziologischer und kultureller Betrachtungen ergeben.
Die uns zur Verfügung stehenden Arbeitsweisen sind eine ernsthafte und vielfältige Recherche, die Vermittlung für die anderen Seminarteilnehmer und das spielerische Experiment in der Gruppe als Semesterarbeit im Außenbereich unter freiem Himmel.
Letztere entsteht wie ein Projekt: Skizzen, Brainstorming, Rücksprache, Diskussion, Entwicklung, Planung und Aufbau, Präsentation, Umsetzung, Dokumentation. Für die Seminarbeiträge ist eine Rücksprache nach der Auswahl und der Formulierung von möglichen Inhalten geboten. Die Seminarbeiträge (1-2 Personen) sollen als Powerpoint-Vortrag geführt und 45 Minuten nicht überschreiten, auch im Zusammenfassen liegt der Wert eines Referats. Alle Beiträge sollten (zusammengefasst max. 3 DIN A4 Seiten Text) selbstständig in dem Forum (Institut der Stadtbaukunst, Hochschulseminar: ZU FUSS, www.stadtbaukunst.org) eingesetzt werden und somit einem breiteren Fachpublikum zugänglich gemacht werden. Diesen Dokumentationen sollte jeweils eine ‚kurze Einführung’ (2-3 Sätze) in englischer Sprache vorangestellt sein.
Stichworte zum Gruppenexperiment:
Maßstab; Berühren, Abschreiten, Bemessen des Raumes kraft des eigenen Körpers; Gehen als Wahrnehmungsform; der Fußgänger als Planungsmaßstab; Laufen als Zeiterfahrung; Ironisierung im öffentlichen Raum; gefühlte Distanz; Spurensuche