Hochschulseminar - Mythos grüne Stadt
 
Themenstellung
Prof. Klaus Schäfer, Hochschule Bremen, Wintersemester 14/15

(Quelle: unbekannt)

 

„Es wird berichtet, daß im Siena des 14. Jahrhunderts, einer damaligen Weltstadt also, innerhalb der Stadtmauern jedes Pflänzchen ausgerissen, jeder Grashalm vernichtet worden sei, weil jedes Anzeichen von Natur in der Stadt verpönt war.“(*) So gesehen ist die „Grüne Stadt“ ein Oxymoron, also ein Begriffspaar, das sich in seiner Bedeutung widerspricht. Nur so simpel stellt sich das Thema für die Stadt schon seit Renaissance nicht mehr da. Bereits mit der anfangs noch exotischen Betrachtung des Gegenstücks zur Zivilisation der Wildnis, wird automatisch ein Beziehungspaar Natur-Stadt gebildet. Vorbereitet durch die Romantik des 19. Jahrhunderts wird mit der Moderne auch auf der Ebene von Stadt und Architektur nach einer Verschmelzung gesucht. Doch schon allein über den Begriff der Hygiene, der hier von einer Ästhetik der Ausschließung im Mittelalter zu einer Ästhetik der Reinheit in der Naturreform-Bewegung zu Beginn der Moderne führt, wird die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Deutungen sichtbar. Beide Ansätze im Verhältnis von Stadt und Natur sind nach wie vor präsent. Die grüne Stadt im Rahmen unseres Seminars zum „Mythos“ zu erklären, setzt aber eine eindeutige Haltung voraus, die wir im Rahmen unser kritischen Untersuchungen zusammentragen werden.

Folgende Thesen bilden den Kompass für unsere Argumentation:
-  Die Arbeit des Architekten als Beitrag zur Stadt benötigt keinen Grünausgleich
-  Im Zentrum des öffentlichen Raumes steht die zwischenmenschliche Begegnung
-  Die dichte und kompakte Stadt verträgt sich nicht mit einem aufgelockerten Gefüge

 

Gregg Segal, Alfie, Kirsten, Miles, and Elly, 2014

(aus 7 Days of Garbage, 2014, Quelle: Homepage Gregg Segal) Ein Bildserie worin der Fotograf verschiedene Personen in ihrem Wochen-Müll in die Landschaft drapiert.


Zum Thema Grün und Stadt eröffnet sich ein unendlich breiter Interpretationsspielraum für den Städtebau und die Architektur: Von den Fragen der Gestaltgebung des öffentlichen Raumes, dem Thema der Ökologie bis hin zur Hausform selbst. Auffällig sind hierbei die Missverständnisse oder auch geflissentlichen Gleichsetzungen. Das Thema wird häufig in einer moralischen Konnotation gesetzt,  die je nach Auslegung, sogar einer nachhaltigen Stadtentwicklung entgegen stehen kann. Auch diesen Widersprüchen werden wir im Rahmen unseres Seminars nachgehen.

(*) Ökologische Stadtkultur (Kap.11) in Neue Urbanität, Hartmut Häußermann, Walter Siebel, Frankfurt a.M. 1987

 

Collagen: Raimondo De Donno, Aleksandra Osiak

Die Beiträge aus dem Seminar werden hier folgend demnächst präsentiert.