Hochschulseminar – Wer hat Angst vor dem Zufall?
 
Theresia Enzensberger, Blaupause (Roman)
Jan Henning Laaser und Johannes Eckhardt, 15.02.2018




„Blaupause“ – Ein Roman von Theresia Enzensberger
Zusammenfassung
„Absolute Gleichberechtigung“ verlangte und versprach Walter Gropius als Gründungsdirektor des Bauhauses und das bereits vor hundert Jahren.

Im ersten Semester betrug das Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Studierenden 84 zu 79.

„Keinen Unterschied zwischen dem schönen und starken Geschlecht“ wollte Gropius machen.

Der Roman setzt ein im Jahr 1921. Luise Schilling, Tochter aus großbürgerlichem Hause in Berlin-Charlottenburg, kommt an die zwei Jahre zuvor gegründete Bauhaus-Kunstschule nach Weimar, um, so ihre Vorstellung, bei Walter Gropius Architektur zu studieren.

Die Eltern haben sie nur mit Widerwillen gehen lassen. Die Mutter ist tief verhaftet in den klassischen Rollenvorstellungen; der Vater erteilt seine Zustimmung nur, weil am Bauhaus auch praktisch und handwerklich in Webwerkstätten gearbeitet wird.

An Geld mangelt es Luise, im Gegensatz zu vielen ihrer Kommilitonen, nicht; die Unterstützung von zu Hause fließt zunächst großzügig.

Am Bauhaus gerät Luise in eine Männerdomäne hinein, in der auch die Meister, wie die Leiter der Fachbereiche sich nennen, ihre Ambitionen nicht ernst nehmen.

Zitat des Meisters Johannes Itten: „Keine Sorge, Luise, die meisten Frauen haben Defizite im dreidimensionalen Sehen. Das hat nichts mit dir zu tun. Ich würde dir allerdings empfehlen, in die Textilwerkstatt zu gehen."

Luise schließt sich, nicht zuletzt deshalb, weil sie sich in den schönen und schwer einzuschätzenden Jakob verliebt, dem Kreis der sogenannten Itten-Jünger an.

Der Schweizer Bergbauersohn Johannes Itten war bekennender Anhänger des sogenannten Mazdaznan, einer aus heutiger Perspektive kruden Lehre, in der zarathustrische, christliche und hinduistische Elemente zusammenflossen.
Luise stellt nach einiger Zeit fest, dass die Itten-Vereinigung eigentlich nur existiert, um andere auszuschließen. Sie wendet sich schließlich ab.

Immerhin mehr als zwei Jahre vergehen, bis der Vater die Geduld verliert, Luise das Schulgeld streicht und sie aus Weimar zurück nach Berlin beordert, wo sie eine Haushaltsschule besuchen soll.

Ihr Traum von einer Architektinnenkarriere scheint geplatzt.

Doch noch einmal drei Jahre später stirbt der Vater und im familiären Ausnahmezustand, als die Mutter wieder zu sich selbst finden muss und der ältere Bruder die Geschäftsführung übernimmt, findet Luise den Mut, es ein zweites Mal am Bauhaus zu versuchen. Das Bauhaus ist mittlerweile nach Dessau umgezogen.

Walter Gropius ist noch immer Leiter der Einrichtung und bietet Luise erneut einen Studienplatz an.

Sie verliebt sich erneut, diesmal in einen jungen Mann namens Herrmann, welcher im Laufe des Romans plötzlich Sympathien für die Nationalsozialisten entwickelt.

Auf gerade mal 256 Seiten entfaltet Theresia Enzensberger ein Panorama der aufgeregten Weimarer Republik.
Otto, Luises Bruder, entwickelt sich zum strammen Nationalisten; am Bauhaus streiten kampfbereite Kommunisten mit weltabgewandten, in Kutten gekleideten Esoterikern. Und mittendrin kämpft Luise um ihre Position, um ihre Wahrnehmung als Gleichberechtigte.

Am Ende des Buches wartet der größte Clou auf den Leser. Am Tag ihrer Abschlussprüfung erfährt Luise, dass Sie von Ihrem Mentor Walter Gropius getäuscht wurde. Als Luise ihre Diplomarbeit, den Entwurf einer Musterwohnsiedlung in Zeilenbebauung, einreicht, muss sie erkennen, dass der vermeintliche Mentor Walter Gropius ihre Idee für sein bahnbrechendes Projekt in Karlsruhe-Dammerstock verwendet hat.

Ihren Plagiatsvorwurf weist die Prüfungskommission natürlich empört zurück. Der Schock über den Ideenklau nimmt Luise endgültig alle Illusionen über die Bauhaus-Utopie: „ Ein neuer Mensch, das war das Ziel. Bewegt und geprägt durch die neuen Formen, die ihn umgeben. Aber wie soll das möglich sein, wenn diese Formen doch immer nur von den alten Menschen mit all ihren Fehlern und Mängeln geschaffen werden können?“


“Blaupause” – a novel by Theresia Enzensberger
Summary
"Absolute equal rights" was demanded and promised by Walter Gropius as the founding director of the Bauhaus a century ago.
 
In the first semester, the ratio between female and male students was 84 to 79.
 
"No difference between the beautiful and strong sex" Gropius wanted to do.
 
The novel begins in 1921. Luise Schilling, a daughter of a bourgeois family in Berlin-Charlottenburg, comes to the Bauhaus Art School, founded two years earlier, in Weimar to study architecture with Walter Gropius.
 
The parents only let her go with disgust. The mother is deeply attached to classical role models; the father gives his consent only because the students also do practical and manual work in weaving workshops.
 
Luise does not lack money, unlike many of her fellow students; the support from home flows generously at first.
 
At the Bauhaus Luise gets into a male domain, in which even the masters, as the heads of the departments call themselves, do not take her ambitions seriously.
 
Quote of the Master Johannes Itten: "Do not worry, Luise, most women have deficits in three-dimensional vision. It has nothing to do with you. However, I would recommend you to go to the textile workshop. "
 
Luise joins the circle of so-called Itten disciples, not least because she falls in love with the beautiful and hard-to-judge Jakob.
 
The Swiss miner’s son Johannes Itten was a strong supporter of the so-called Mazdaznan, a crude doctrine, in which Zarathustrick, Christian and Hindu elements merged.
 
After some time, Luise realizes that the Itten association exists only to exclude others. She finally turns away.
 
After all, more than two years pass before the father loses patience, cuts Luises school fees and orders her back from Weimar to Berlin, where she is to attend a household school.
 
Her dream of an architect's career seems to have burst.
 
But three years later, the father dies and in a state of family emergency, where the mother has to cope with the situation and the older brother has to take over the management, Luise finds the courage to try it a second time at the Bauhaus. The Bauhaus has meanwhile moved to Dessau.
 
Walter Gropius is still head of the institution and offers Luise again a place to study.
 
She falls in love again, this time in a young man named Herrmann, who developed sympathy for the Nazis in the course of the novel.
 
On just 256 pages, Theresia Enzensberger unfolds a panorama of the excited Weimar Republic.
 
Otto, Luise's brother, develops into a staunch nationalist; At the Bauhaus, combat-ready communists argue with secluded, dressed-in-the-wool esotericists. And in the middle of it Luise is fighting for her position, for her perception as equal.
 
At the end of the book, the biggest thrill awaits the reader. On the day of her final exam Luise learns that she was deceived by her mentor Walter Gropius. When Luise submits her diploma thesis, the design of a model housing estate in row development, she must realize that the alleged mentor Walter Gropius has used her idea for his groundbreaking project in Karlsruhe-Dammerstock.
 
Of course, the Board of Examiners rejects their plagiarism reproach. The shock of the idea theft finally takes Luise all the illusions about the Bauhaus utopia: "A new human, that was the goal. Moved and shaped by the new forms that surround him. But how can that be possible if these forms can only ever be created by the old people with all their faults and defects? "




Theresia Enzensberger


  • 1986 geboren in München
  • Tochter von Hans Magnus Enzensberger
  • Studierte Filmwissenschaften in New York
  • Lebt in Berlin
  • Gründete 2014 das "Block Magazin"



Das Bauhaus


  • 1919 in Weimar gegründet
  • Gilt zur damaligen Zeit als eine neue Art von Kunstschule
  • Führte die Kunst und das Handwerk zusammen
  • Bestand von 1919 bis 1933
  • Gilt bis heute als Heimstätte der klassischen Moderne


Die Lehre




Quellen
Theresia Enzensberger: Blaupause. Carl Hanser Verlag, 2017

https://www.ndr.de/kultur/buch/Theresia-Enzensberger-Blaupause,blaupause102.html

http://www.zeit.de/2017/32/blaupause-theresia-enzensberger-debuetroman-sexismus

https://de.wikipedia.org/wiki/Bauhaus

http://www.blindbild.com/tag/bauhaus-dessau/