Masterthesis – Hochschule Bremen
 
Archäologie der Atomkraftwerke – Recherche
Lino Egermann, August 2012

Einleitung_
Deutschland hat entschieden, aus der Atomkraft auszusteigen.1 Stufenweise werden in den kommenden Jahren alle 24 Atomkraftwerke endgültig stillgelegt. Der Prozess der Abschaltung ist bereits angelaufen. Von Politik und Wirtschaft wird die Strategie des kompletten Rückbaus der Atomkraftwerke propagiert.
Die Demontage von Atomkraftwerken ist eine äußerst aufwendige und kostenintensive Arbeit. Viele der Bauteile sind hochgradig verstrahlt und müssen besonders behandelt werden. Bis alle Strukturen eines Kraftwerks abgerissen, dekontaminiert und entsorgt sind, können Jahrzehnte vergehen und Kosten von hunderten Millionen Euro entstehen. Der Idealzustand nach Abschluss aller Arbeiten soll die „Grüne Wiese“ sein. Jegliche physischen Hinweise auf die Existenz eines Kraftwerks wären damit beseitigt.
Doch ist der komplette Rückbau bis auf die „Grüne Wiese“, alternativlos und gesellschaftlich vertretbar? Sollten die Stätten der Atomkraft für kommende Generationen nicht erhalten werden? Ob als Industriedenkmal, oder als Zeichen einer Transformation bleibt hierbei dem Betrachter überlassen.
In der Masterthesis werden Alternativen zum komplett Rückbau erforscht. Mit Hilfe von Szenarien werden Alternativen bildlich dargestellt. Dabei wird die politische Debatte um das Pro und Contra zur Atomkraft nicht in Frage gestellt. Hier geht es vielmehr um die typologischen und topologischen Besonderheiten dieser Technologie.

1_http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2011/06/2011-06-06-faq-energie.html?nn=392570#doc127472bodyText3

 

 

Es bestehen mehrere Möglichkeiten sich der Thematik zu nähern, die jeweils verschiedene Schlüsse zulassen.
Zum einem kann man sich näher am Begriff der Archäologie bewegen, das heißt, analytisches Forschen mit kunst- und architekturgeschichtlichen Betrachtungen. Ziel wäre das Erstellen einer These, die im Weiteren bestätigt oder widerlegt werden kann.
Zum anderen kann man einen spekulativen Ansatz der philosophischen, soziologischen und metaphysischen Betrachtungsweisen mit einbeziehen und verfolgen. Ziel wäre hierbei das Erstellen eines Szenarios oder Ausblicks.
In dieser Thesis wird die Thematik aus mehreren Blickwinkeln betrachtet mit der Absicht einen möglichst differenzierten Zugang zu schaffen. Es wurde daher eine breite Fächerung der Herangehensweise gegenüber der Fokussierung eines Teilaspektes bevorzugt. Dabei wird ein Kompromiss zwischen oberflächlicher- und zu einseitiger Betrachtung angestrebt. Es werden spekulative Ansätze ebenso wie praktische Nachnutzungen beschrieben. Die Zielsetzung hierbei ist es den zurzeit und vor allem künftig betriebenen kompletten Rückbau von Atomkraftwerken zu hinterfragen und einen alternativen Umgang mit den Monumenten des Atomzeitalters zu propagieren.
Die Thesis gliedert sich in zwei Teile. Der erste Teil beschreibt die spekulativen Betrachtungsweisen und versucht die Ideologie der Atomkraft einzukreisen. Diese vorrausgehenden Betrachtungen helfen, die im zweiten Teil beschriebenen Szenarien in ein theoretisches Gerüst einzubetten. Im zweiten Teil werden fünf konkrete Szenarien einer Nachnutzung beschrieben und bildlich dargestellt.
Hierbei wird, weder der Anspruch auf Vollständigkeit erhoben, noch sollten die Betrachtungsweisen als einzig gültige angesehen werden. Vielmehr ist es so, dass die Komplexität der Thematik das Risiko in Beliebigkeit abzudriften birgt, daher wurde die Auswahl begrenzt.

 

 

Glauben und Wissen
Beim Studium der Literatur zum Thema Atomkraft findet man Aussagen, die auf einen Zusammenhang von Religion und Naturwissenschaften hindeuten, ein Umstand der zunächst überraschend erscheinen mag. Bei eingehender Betrachtung der Atomenergie kann man das paradiesische Bild der Selbstversorgung erkennen welches der Ideologie der Atomkraft innewohnt.
So sagt Plank zum Beispiel, „Naturwissenschaft und Religion hätten zwar verschiedene Methoden, aber ihr Ziel sei von jeher und in aller Zukunft das Gleiche: Hin zu Gott.“2 und für Kepler „ist die Naturforschung Gottesdienst, Erfüllung des vom Schöpfer dem Menschen gegebenen Auftrags, die Wunder seines Werkes zu erkennen.“3
Auch in der Neuzeit wird die Religiosität der Atomkraft thematisiert, so beschreibt Lapage, die ehemalige Umweltministerin Frankreichs, die Atomkraft als Quasi-Religion. „Eine Religion die von der Mehrheit der rechten und linken politischen Klasse geteilt und heute durch das Thema Klimawandel genährt wird.“4
Die Gegenüberstellung von Religion und Atomkraft erlaubt auch gegensätzliche Argumentationen. So argumentieren Mitglieder der Ethikkommission, die letzten Endes den Ausstieg aus der Atomkraft beschließen, dass es mit dem biblischen Gebot zur Bewahrung der Schöpfung nicht vereinbar sei, weiterhin auf Atomkraft zu setzen.
Der ideologische Zusammenhang von Naturwissenschaft und Religion kann im Weiteren auch in der Ausprägung der Architektursprache der jeweiligen Repräsentationsbauten verdeutlicht werden. Stellt man einer Kathedrale ein Atomkraftwerk gegenüber, so lassen sich durchaus Parallelen ziehen. Die sakrale Wirkung von Reaktorkuppel und Kühlturm verdeutlicht sich durch den monumentalen Maßstab und die hohen, aufstrebenden Strukturen, die den Menschen zum Nebensächlichen reduzieren. Die Verkörperung von etwas ’Höherem’ hat, obwohl sie bei Kathedrale und Kraftwerk von unterschiedlichem Ursprung ist, die gleiche Wirkung auf den Betrachter.
Atomkraft mit Religion gleich zu stellen, begründet sich auch in der Unfassbarkeit dieser besonderen Energieform. Sie kann mit den menschlichen Sinnen nicht wahrgenommen werden und hat doch eine monumentale Wirkung auf die Menschheit.
Der Ursprung der Architektursprache bei Atomkraftwerken ist ingenieurtechnisch, die Rechtfertigung für die Form entspringt der Funktion und sicherheitstechnischen Gesichtspunkten. Auf die archetypischen Merkmale dieser Typologie soll im folgenden Abschnitt eingegangen werden.

 

2_Hermann, Armin: Wie die Wissenschaft ihre Unschuld verlor, S.212
3_Gerlach, Walter: Wesen und Bedeutung der Atomkraftwerke, S.24
4_Lapage, Corinne: Alptraum Atommüll, arte Dokumentation, 2012

 


Archetypische Strukturen
Die für Atomkraftwerke archetypischen Merkmale sind die räumliche Verbindung von Reaktorkuppel und Kühltürmen. Sie erlauben die visuelle Unterscheidung von Atomkraftwerken zu anderen Kraftwerksbauten.
Bei der Planung von Atomkraftwerken spielen architektonische Kriterien, laut den Planern, keine Rolle. Kraftwerke werden ausschließlich nach sicherheitstechnischen Gesichtspunkten ausgelegt. Gestaltungsmöglichkeiten begrenzen sich auf die Auswahl des Anstriches und die Gestaltung des Außenraumes.5
Die Kuppelform der Reaktoranlage leitet sich aus der Kugelform des Reaktorkerns ab, den sie umschließt. Im Inneren des Reaktorkerns wird Unterdruck erzeugt, um bei möglichen Leckagen das Austreten von radioaktiven Stoffen zu verhindern. Die Form mit der höchsten Druckstabilität ist die Kugel.
Die Anordnung der einzelnen Baukörper auf dem Grundstück begründet sich ebenfalls aus Sicherheitsaspekten. Der Hersteller von Nukleartechnik entdeckte die Möglichkeit, dass die Welle zur Elektrizitätserzeugung im Maschinenhaus unter Volllast aus dem Lager springen und dann in den Reaktorkern eindringen könnte. Seit diesem Szenario ist das Maschinenhaus so zum Reaktorgebäude positioniert, dass das Eindringen der Welle verhindert werden soll.
Kühltürme werden bei der Mehrzahl von Kraftwerkstypen (Kohle, Gas) benötigt, um überschüssige Wärme abzuführen. Sie sind also streng gesehen kein archetypisches Merkmal für Atomkraftwerke. Dennoch sind sie häufig der erste Baukörper einer Anlage, die man aus der Ferne wahrnimmt. Mit Höhen weit über 100 Meter überragen sie die umliegenden Bauten um ein Vielfaches.
Über die ästhetischen Qualitäten von Kühltürmen allein ließe sich ein Buch schreiben. Die Wertschätzung ihrer hyperboloiden Form reicht zurück bis in die 1930er Jahre wie Beispiele von Eduardo Torroja, Le Corbusier oder von Oscar Niemeyer zeigen. Bruno Taut hat 1936/37 in seinem Buch ‘Architekturlehre‘ versucht, die Faszination dieser Form zu ergründen:
Nur ganz geniale Konstruktionen sind in sich selbst so geschlossen, dass sie jene Freude über die Logik menschlicher Vernunft auslösen. Am meisten trifft dies bei mathematischen Kurven komplizierterer Natur zu, wie Ellipsen, Parabeln, Hyperbeln u.a.[...] Der Mensch kann mathematisch in der abstrakten Form denken, aber sein Auge will dergleichen nicht sehen. Mit der Musik verglichen, will das Auge ebenso wie das Ohr Zwischentöne aufnehmen und kann ebenso wenig eine mathematische Musik ertragen. Wahrscheinlich findet es in den Parabeln und Hyperbeln schon einiges von jenen Zwischentönen, und deshalb bewundert es derartige Ingenieurwerke.6

5_Telefoninterview: Krüger, Stephan; Back End Unit Areva Konzern
6_Taut, Bruno: Architekturlehre, S.109

 

 

Standortfaktor
Atomkraftwerke verkörpern eine gewisse Ortlosigkeit. Die einzige Voraussetzung für den Standort ist das Vorhandensein von ausreichend Frischwasser zur Kühlung, und ein möglichst großer Abstand zu menschlichen Ansammlungen. Wenn man die Stadt als Konzentration von Gesellschaft und Kultur versteht, ist ein Atomkraftwerk der Gegenpol. Die Betrachtung eines Kraftwerkes erlaubt keinerlei Rückschlüsse auf die Gegebenheiten des Ortes. Klimatische Bedingungen oder regionale Besonderheiten spiegeln sich nicht in der Architektur wieder. Wie im Sinne von Hilla Becher kann man sie als „anonyme Skulpturen“7 deuten.
Im Folgenden soll anhand von zwei Beispielen aufgezeigt werden, dass es jedoch durchaus einen Standortfaktor bei der Planung von Atomkraftwerken gibt.
Bei der Planung des Atomkraftwerkes Neckarwestheim in Baden-Württemberg musste von dem Bau eines herkömmlichen Kühlturms abgesehen werden. Grund hierfür waren Einwände der umliegenden Weinbauern. Sie befürchteten, dass der Schatten, den der Kühlturm werfen würde und insbesondere die Schwadenbildung während des Betriebes, den Reifeprozess der Weintrauben beeinflussen könnte. Aus diesem Grund musste ein s.g. Hybridkühlturm gebaut werden, der weitaus niedriger als ein herkömmlicher Kühlturm ist und besonders wenig Schwaden bildet.
An diesem Beispiel zeigt sich, dass auch andere äußere Faktoren einen Einfluss bei der Gestaltung von Atomkraftwerken haben in der Regel jedoch nur auf den nicht nuklearen Teil der Anlagen, wie die Kühltürme oder Mitarbeiterbüros. Bei genauer Beschäftigung mit dem Standort eines Atomkraftwerkes lässt sich also durchaus ein regionaler Faktor feststellen.
Ein weiteres Beispiel zeigt, dass bereits der Standort eines Atomkraftwerkes eine mögliche Nachnutzung der Baukörper ausschließt.
Als Beispiel wird das Atomkraftwerk Stade in Niedersachsen aufgeführt. Es liegt direkt am Ufer der Elbe und befindet sich bereits seit 2003 im Rückbau. In direkter Nachbarschaft befindet sich das Industriegebiet Stade-Bützfleth, in dem sich große Chemieunternehmen angesiedelt haben. Die dort ansässigen Unternehmen haben Interesse an dem Grundstück des Kraftwerkes bekundet. Dabei besteht das Interesse weniger an den Baukörpern der Anlage, sondern vielmehr an der Anlegestelle für Schiffe. Diese Anlegestellen sind begrenzt und das Land Niedersachsen gibt keine neuen Stellen frei.
Die Entscheidung nach der Abschaltung des Atomkraftwerkes direkt mit dem Rückbau zu beginnen, lag auch an den Gegebenheiten des Standortes.

7_ Becher, Bernd/ Becher, Hilla: Anonyme Skulpturen : eine Typologie technischer Bauten, S.202

 

 

Risiko
Weitere Kriterien bei der Planung von Atomkraftwerken sind mögliche externe und interne Gefahrenpotentiale, wie zum Beispiel Anschläge oder Störfälle. Die resultierenden geometrischen Formen des Baukörpers sind Ausdruck des Versuchs, jeder denkbaren Bedrohung standzuhalten. Ganz im Sinne von Koolhaas der argumentiert „die beste moderne Architektur, ist jene die für die schlimmsten Katastrophen vorbreitet ist.“8
Das Paradoxe an Atomkraftwerken ist, dass sie selbst die Bedrohung darstellen. Der Bau eines Kraftwerks ermöglicht erst die Katastrophe, die es zu verhindern gilt.
Das Thema Risiko wird bei dieser Arbeit nur am Rande behandelt. Es sollen deswegen an dieser Stelle nur Teilaspekte aufgeführt werden.
Der Zwischenfall am 11.März 2011 bei dem Atomkraftwerk Fukushima Daiichi in Japan, der letztendlich zum Ausstieg aus der Atomenergie führte, hat keinesfalls die Risikolage geändert, jedoch die Risikowahrnehmung.
Die Auswirkungen des Risikos haben dabei eine nivellierende Wirkung auf alle Betroffenen. Unterschiede in Klasse, Lebensstil oder Bildung sind irrelevant, wenn erst einmal der Ernstfall eingetreten ist. Das Gefährdungspotential ist allein abhängig von scheinbar banalen Faktoren, die sich der menschlichen Kontrolle entziehen, wie zum Beispiel dem Wetter und der Windrichtung. Dabei steht die rechnerisch niedrige Wahrscheinlichkeit des Eintritts in krasser Relation zur unbegrenzten Höhe des Schadensausmaßes.9
Auch Virilio erkennt das Risiko und stellt die Frage, „wer gibt einem das Recht etwas vollkommen Unbekanntes auszuprobieren, dessen Risiko absolut ist?“10
Einbetten kann man die Kritik an der Atomkraft auch in den größeren Kontext der Fortschrittskritik, die in der letzten Zeit wieder an Präsenz gewinnt. In Zeiten, in denen der technologische Fortschritt den sozialen überholt, entsteht ein Vakuum, welches sich mit der „Sorge um die Natur- Menschbeziehung“ füllt.“11

8_Koolhass, Rem: Delirious New York: A Retroactive Manifesto for Manhattan, S.254
9_Lippert, Ekkehard/ Prüfer, Andreas/ Wachtler, Günther (Hrsg.), Sicherheit in der unsicheren Gesellschaft, S.15
10_Paoli, Stéphane: Paul Virilio: Denker der Geschwindigkeit, àrte, 2008
11_Radkau, Joachim; Natur und Macht, Eine Weltgeschichte der Umwelt, S.303

 

 

Phasen des Rückbaus
Im vorherigen Abschnitt wurden Betrachtungsweisen aufzeigt, die die Einordnung von Atomkraftwerken ermöglichen. Bevor im Folgenden auf die einzelnen Erhaltungsszenarien eingegangen wird, soll erst der Begriff Rückbau und dessen Phasen erörtert werden.
Nachdem die Genehmigung zur Stilllegung eines Atomkraftwerkes erteilt wurde, kann mit dem Prozess des Rückbaus begonnen werden.
Die erste Phase des Rückbaus, auch Nachbetriebsphase genannt, unterscheidet sich kaum vom eigentlichen Vollbetrieb des Kraftwerkes. Während dieser Zeit findet das langsame Abklingen der Brennstäbe statt die rund 99% der radioaktiven Strahlung eines Kraftwerkes ausmachen. Die abgeklungenen Brennstäbe werden ausgebaut und unter Wasser in Castoren umgelagert um am Standort oder anderen Zwischenlagern geparkt zu werden. Die Nachbetriebsphase dauert ca. 5- 7 Jahre.
In der zweiten Phase des Rückbaus beginnen die eigentlichen Abrissmaßnahmen. Alle nicht verstrahlten Bauwerke wie z.B. Kontrollsysteme, Arbeitsplätze und Großkomponenten (Turbinen) werden demontiert. Dabei können Turbinen von Druckwasserreaktoren gefahrlos zerlegt werden, da sie nicht mit radioaktiv belastetem Wasser in Kontakt kommen.
Die folgenden Arbeitsschritte sind weitaus aufwendiger als bei herkömmlichen Industriebauten. Es werden nun die leicht bzw. oberflächlich kontaminierten Bauteile wie Dampferzeuger und Kühlsystem ausgebaut und dekontaminiert. Diese Arbeiten dürfen nur von speziell zertifizierten Unternehmen ausgeführt werden. Das Schmutzwasser, das bei der Reinigung anfällt, muss aufgefangen und entsorgt werden. Schwach strahlendes Material wird in Fässern und Containern verschlossen und in großen Hallen zwischengelagert.
In der dritten Phase des Rückbaus werden der stark verstrahlte Reaktordruckbehälter und die Betonummantelung entfernt. Die Arbeiten sind gefährlich und werden deshalb von ferngesteuerten Manipulatoren ausgeführt. Hierbei kommen spezielle Sägen, Zangenwerkzeuge, Plasma- und Wasserdruckschneider zum Einsatz um die Reaktorteile unter Wasser zu zerteilen und in Fässern zu lagern. Pro Kraftwerk fällt etwa 300 bis 400t stark strahlender Abfall an.
Nach dem Abschluss der dritten Phase des Rückbaus werden die leergeräumten Gebäude gereinigt und auf Radioaktivität geprüft. Sind die Strukturen komplett dekontaminiert folgt die Entwidmung aus dem Atomgesetz (AtG). Nach dieser Freigabe können die übrigen Baukörper wie bei einem herkömmlichen Industriekomplex abgerissen werden.
Die Ansätze der Alternativen werden im nächsten Abschnitt erläutert.

 

 

Einführung in die Szenarien
Die Entwidmung aus dem Atomgesetz bedeutet, dass keine Radioaktivität mehr in dem Bauwerk vorhanden ist. Menschen können sich also ohne besondere Schutzmaßnahmen in den baulichen Strukturen aufhalten.
Anstelle der Fortführung der Abrissarbeiten, könnte zu diesem Zeitpunkt ein mögliches Nachnutzungskonzept beginnen.
In dem folgenden Abschnitt werden die einzelnen Szenarien als Alternative zum komplett Rückbau von Atomkraftwerken beschrieben. Mit emotionalen-, wirtschaftlichen- und kulturellen Argumenten, wird der Erhalt der Anlagen propagiert. Dabei steht weniger das ‘Ob‘ als das ‘Wie‘ des Erhalts im Vordergrund.
Bei traditionellen Bau- und Kunstdenkmälern wird, auch wenn die ursprüngliche Nutzung seit langem aufgegeben wurde, der Erhalt oft nicht in Frage gestellt. Bei Industriebauten und bei technischen Anlagen ist das Gegenteil der Fall. Ein Abriss wird als Normalfall und der Erhalt oder Nutzungswechsel als Sonderfall angesehen. Grund dafür ist unter anderem der hohe Spezialisierungsgrad, der sich in ungewöhnlichen Grundrissformen, Erschließungen und Konstruktionen widerspiegelt.
Die folgenden Konzepte versuchen die Potentiale, die in den Kraftwerken stecken, aufzuspüren.