Hochschulseminar – Distanz und Dichte
 
Grätzloase in Wien
Marina Kaiser, 26.01.2021

The parklets, also known as Grätzloasen, have been enlivening the streets of Vienna since 2015 and the number is increasing every year. So it happened that in the last four years more than 140 individually designed projects have been implemented. This becomes clear that the need for encounters and exchanges between the city's residents is growing. Especially in public spaces, 90 percent of which are roads, there are few opportunities to really meet each other. A sidewalk that is just wide enough to walk past its neighbors and greet each other. The rest of the street space is taken up by passing or parked vehicles. Who now owns the road or who should it belong to? For the citizens of Vienna, public space clearly belongs to us all.

Die Parklets, auch Grätzloasen genannt, beleben seit 2015 die Wiener Straßen und jedes Jahr werden es immer mehr. So kam es, dass in den letzten vier Jahren bereits mehr als 140 individuell gestaltete Projekte umgesetzt wurden. Dadurch wird deutlich, dass das Bedürfnis nach Begegnung und Austausch, zwischen den BewohnerInnen der Stadt, wächst. Vor allem im öffentlichen Raum, der zu 90 Prozent aus Straßenzügen besteht, gibt es wenig Möglichkeiten, sich zu begegnen. Ein Bürgersteig, der gerade breit genug ist, um an seinen Nachbarn vorbeizugehen und sich gegenseitig zu grüßen. Der Rest des Straßenraumes wird von vorbeifahrenden oder parkenden Fahrzeugen eingenommen. Wem gehört nun die Straße bzw. wem soll sie gehören? Für die Wiener Bürger gehört der öffentliche Raum ganz klar: Uns allen.

Um die Stadt für ihre Bewohnerinnen und Bewohner lebenswerter zu machen, hat die Stadt Wien mit Unterstützung von Lokal Agenda 21, im Jahre 2015 ein Aktionsprogramm „Grätzloase, wir verwandeln den Freiraum“ gestartet. 

„Das Ziel ist eine lebenswerte und fair geteilte Stadt mit sozial durchmischten Stadtteilen und aktiven BürgerInnen.“
Lokale Agenda 21

Die Grätzloasen dienen als alternative Treffpunkte der Kommunikation, die das soziale Miteinander und den Informationsaustausch in der Nachbarschaft fördern können. Auch die Gestaltung des Stadtbildes wird durch diese Orte positiv belebt.

Was ist eine Grätzloase/Parklet?
Die Grätzloasen sind terrassenartige Erweiterungen der Bürgersteige, die mitten in der Stadt auf der Straße geschaffen werden. Grundlage dafür bieten die öffentlichen Fläche wie Gehsteige, Straßen, Parkstreifen, Brachflächen. 

Für gewöhnlich entstehen auf den Parklätzen Sitzgelegenheiten, die mit Pflanzen geschmückt sind. Also das, was auf den Straßen in Wien nicht vorhanden ist. Ein öffentlicher Treffpunkt für und in der Nachbarschaft. 


Die Parklets werden durch die BewohnerInnen selbst entworfen und gebaut. Meistens bestehen diese aus Holz und können über Winter abgebaut werden und im Frühjahr wieder aufgebaut.


Das erste Parklet entstanden bereits im Jahre 2005, in San Francisco. Ein Rollrasen, Parkbank und Topfpflanzen auf einem Parkplatz – geboren war die Idee der Parklets. Um die Parkfläche in einen Mini-Park zu verwandeln, bedienten sich die Designer einer legalen Variante: Die Parkuhr wurde in regelmäßigen Zeitabständen mit Münzen „gefüttert“. Seither werden Parklets in San Francisco immer mehr und die Idee breitete sich auf der ganzen Welt aus.


Wie kommt man zu einer Oase?
Jeder in Wien kann seine Idee von Grätzloase einreichen. Dazu sucht man sich in seiner Ort einen Platz aus, der max 2 Parkplätze bzw. 10% von der Straße groß ist. Die Fläche muss öffentlich und barrierefrei sein. Die Anlieferungszonen, Behindertenparkplätze und Notausgängen müssen frei gehalten werden. Ein Verkauf auf Parklets darf nicht stattfinden, noch ist es gestattet, Eintritt zu verlangen.

https://www.youtube.com/watch?v=avZ4_kBacBw

Die Ideen werden anhand Skizzen, Zeichnungen und Beschreibung mit einen Antrag an die LA 21 eingereicht. Die beste Idee wird von einer Fachjury, 3x jährlich ausgewählt. Wenn alle Kriterien erfüllt sind, kann die Oase jährlich auf- und abgebaut werden. Die Stadt Wien unterstützt dabei jede Oase mit 4.000€ und der Verein Lokale Agenda 21 bei der Ideenfindung, Bewerbung, Umsetzung und bei der Lagerung im Winter.

Das Aktionsprogramm Grätzloase wurde auf 5 Jahre beschränkt und endete somit letztes Jahr. Derzeit steht noch nicht fest, ob die Grätzloase auch 2021 Aktionen unterstützen werden dürfen.

Was ist los in deiner Grätzloase?
Die Grätzloasen unterscheiden sich nicht nur konstruktiv von einander, sonder bieten den BewohnerInnen auch verschieden Nutzungsmöglichkeiten an. So wurde zum Beispiel eine zu einem Häkelgruppentreffpunkt, einer bat die Möglichkeit, selbst Brot zu backen auf einem Parklet mit Ofen und Sitzgruppen. Ein weiterer Platz war mit einem langen Tisch ausgestattet, bei dem man sich mit selbstgekochten Essen mit seinen Liebsten, Nachbarn oder Kollegen unterhalten kann. Aber es gibt auch kleinere, gemütliche Oasen, auf denen man inmitten von Pflanzen in einem Liegestuhl die Sonne genießen oder mit der Familie ein paar gemütliche Stunden verbringen kann.

https://www.graetzloase.at

Durch Soziale Medien wie Instagram und Facebook werden die einzelnen Grätzloasen ins Szene gesetzt und die BewohnerInnen über die aktuellen Aktionen informiert. Desweiteren kann man sich über die verschiedenen Parklets aus der ganzen Welt erfreuen.


https://www.instagram.com/graetzloase/?hl=de



Ergebnis der Diskussion im Seminar:
Die erste Reaktion von den Kommilitonen war:
„Warum haben wir in Bremen keine Grätzloase?“

Auch hier wird deutlich, dass es ein Defizit an Begegnungsmöglichkeiten in öffentlichen Raum bzw. direkt in eigenen Straße besteht. 

Gründe die gegen eine Grätzloase sprachen, waren:

  • Vandalismus
  • Brandschutz
  • Pflege
  • Kosten 
  • Formalitäten 

Passend zum Thema ist das Zitat von Jane Jacobs, aus ihrem Buch "Tod und Leben großer amerikanischer Städte" aus dem Jahr 1967:

"... a city sidewalk by itself is nothing. It means something only in conjunction with the buildings and other uses that border it, or border other sidewalks very near it. ... Streets and their sidewalks, the main public places of a city, are its most vital organs. If a city's streets look interesting, the city looks interesting; if they look dull, the city looks dull."

"… Ein Bürgersteig in einer Großstadt ist, für sich genommen, ein leerer Begriff. 
Erst im Zusammenhang mit den angrenzenden Gebäuden und mit deren Nutzung oder erst in Verbindung mit der Benutzung anderer Bürgersteige in der Nähe gewinnt er Bedeutung…Die Straßen und ihre Bürgersteige sind die wichtigsten öffentlichen Orte einer Stadt, sind ihre lebenskräftigsten Organe. Wenn die Straßen einer Großstadt uninteressant sind, ist die ganze Stadt uninteressant; wenn sie langweilig sind, ist die ganze Stadt langweilig.”

Quellen:

https://www.graetzloase.at
https://smartcity.wien.gv.at/site/graetzloase/
https://www.stadt-wien.at/gesundheit/umwelt/graetzloase.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Parklet
https://scottburnham.com