Hochschulseminar – Distanz und Dichte
 
EXPERIMENT – MoinOase in Bremen
Sevim Doru, Büsra Gökalp, Marina Kaiser, Aykut Özkan, 15.02.2021

"How can people be close to each other now that the Corona pandemic is committed to distance?" asks Betty Kolodzy in her Bremen participatory project "Nähe"

Due to the Corona pandemic and the associated contact restrictions, as well as the long-lasting lockdown, people are forced to reduce their social life to a minimum so that they can protect themselves and their fellow human beings from an infection.


The lockdown drew criticism back in the spring of 2020, showing that it was especially hard for people who live alone or rely on help. Betty Kolodzy's question is valid, because a good social environment is essential for humans to survive as herd animals.

What is a Grätzloase and how can it counteract the social loneliness caused by the pandemic.

The Grätzloase makes use of the public space and occupies the public areas such as sidewalks, streets, parking strips and wastelands. The Grätzloase serves as a catalyst of social interaction within a neighborhood and is an alternative meeting place, apart from closed spaces, that promotes social interaction and information exchange in the neighborhood. Thus, various versions of a Grätzloase can be found on the streets of Vienna. The following script shows a timeline during the development process of an own version of the Grätzloase in Bremen, the so called „Moin Oase!“ and the problems we had to face due the pandemic restrictions and unpredictable events.

„Wie können Menschen einander nah sein, jetzt, da Corona zu Abstand verpflichtet?“ fragt Betty Kolodzy in ihrem Bremer Mitmachprojekt „Nähe“


BREMEN 16.12.2020 - 10.01.2021
KONTAKTBESCHRÄNKUNG IM PRIVATEN UMFELD MIT MAX. 5 PERSONEN UND ZWEI HAUSHALTEN TREFFEN MÖGLICH. 

Aufgrund der Corona-Pandemie und die damit verbundenen Kontaktbeschränkungen, sowie dem lang anhaltenden Lockdown sind die Menschen gezwungen, ihr soziales Leben auf ein Minimum zu reduzieren, sodass sie sich selbst und ihre Mitmenschen vor einer Infektion zu schützen.

Der Lockdown sorgte schon im Frühjahr 2020 für Kritik und zeigte, dass es für Menschen, die alleine leben oder auf Hilfe angewiesen sind, besonders schwer war. Die Frage von Betty Kolodzy ist berechtigt, denn ein gutes soziales Umfeld ist für den Mensch als Herdentier überlebenswichtig.


Was ist eine Grätzloase und wie kann es der sozialen Einsamkeit, verursacht durch die Pandemie, entgegenwirken.

Die Grätzloase bedient sich an dem öffentlichen Raum und beansprucht die öffentlichen Flächen wie Bürgersteige, Straßen, Parkstreifen, Brachflächen. Die Grätzloase dient als Katalysator der sozialen Interaktion innerhalb einer Nachbarschaft und ist ein alternativer Treffpunkt, abgesehen von geschlossenen Räumlichkeiten, die das soziale Miteinander und den Informationsaustausch in der Nachbarschaft fördert. So findet man verschiedene Ausführungen einer Grätzloase auf den Straßen Wiens, beispielhaft dafür sind die „ABC-Oase“, der „Schraubgarten“ oder das „Grätzloasen- Wohnzimmer“.



Um einen ähnlichen Katalysator wie die Grätzloase umzusetzen zu können, haben wir uns auf den Weg gemacht, einen passenden Ort für die Installation zu finden. Diesen haben wir in der Fährenstraße im Bremer Stadtteil Hemelingen gefunden. Die Föhrenstraße ist im Normalfall eine lebendige Straße mit einem guten Angebot an Restaurants, Cafés, Bars und Kultur. Die Fahrbahn und der Bürgersteig sind aus demselben roten Pflasterstein bündig verlegt und ladet somit zum Flanieren ein. Leider fehlt dem Ort eine von der Gastronomie unabhängige Aufenthaltszone sowie eine Stadtmöblierung in Form einer Sitzbank.


Am Ende der Straße befindet sich eine kleine Verkehrsinsel mit vier Bäumen, der man keine weitere Funktion zugesprochen hat, außer den Verkehr zu entschleunigen. Diese Insel bietet sich gut an, eine potenzielle Grätzloase in Norddeutschland zu werden. Die Fläche der Insel ist ca. 75 qm groß und bietet somit genug Platz, um die geltenden Abstandsregel von 1,50 m nicht zu verletzen.

Bremen Stadtplan Umrisse


Lageplan Hastedt, Umgebung Föhrenstr.


Fotos Verkehrsinsel


Die Bremer „Moin Oase!“ sieht eine Wohnlandschaft aus Holzpaletten vor zum Verbleib und zur Kommunikation für die Nachbarschaft. Dabei werden drei bis vier Paletten unter je einen Baum in Form einer Sitzgruppe angeordnet und gestapelt. Um den Bereich vor Wind und Wetter zu schützen, wird die Fläche mit einer Plane, die an den Bäumen mit Seilen oder Ähnlichem befestigt werden, überdacht. Die freie Fläche in der Mitte der Baumaufstellung kann als kleine Spielfläche zur Unterhaltung genutzt werden.


Die Nachbarschaft und die Bewohner in der näheren Umgebung werden durch ein Infoblatt rechtzeitig informiert und zu der Aktion eingeladen. Der Aufbau soll am 25.01.2021 stattfinden, sodass wir innerhalb einer Woche beobachten können wie die Nachbarschaft auf ihr neues „Wohnzimmer“ reagiert und wie intensiv dieser genutzt wird. Im Anschluss werden die Bewohner aufgefordert, an einer Umfrage teilzunehmen, um sich zu der „Moin Oase!“ zu äußern.


BREMEN 11.01.2021 - 31.01.2021
PRIVATE TREFFEN SIND NUR NOCH ZWISCHEN EINEM HAUSHALT UND MAX. EINER HAUSHALTSFREMDEN PERSON ERLAUBT

Aufgrund der verschärften Corona-Maßnahmen ist die „Moin Oase!“ bis auf weiteres nicht weiter auszuführen wie zuvor geplant. Eine Alternativlösung muss her! Der Schwerpunkt der Installation richtet sich nun auf die Möglichkeit einer indirekten Kommunikation zwischen den Anwohnern der Föhrenstraße.


Die zuvor als Wetterschutz integrierte Plane wird weiterhin zwischen den Bäumen aufgezogen. An dieser Plane werden ca. ein Meter lange Stofffäden oder dünne Seile befestigt. Der Austausch zwischen den Bewohnern wird in Form von Nachrichten, Briefen, Bildern oder Gegenständen erfolgen. Die Bewohner haben die Möglichkeit, ihre Nachrichten an den Fäden festzubinden und zeitgleich die Briefe anderer zu lesen oder ihnen zu antworten. Dies kann anonym stattfinden, aber dennoch ist es jedem selbst überlassen, wie der Austausch umgesetzt wird.

Flyer für die Bewohner


Die Aktion wird bildlich dokumentiert und unter Berücksichtigung der Privatsphäre der Bewohner in einem Instagram und Facebook Blog veröffentlicht. Das Ziel ist es, mehr Menschen auf diesem Weg zu erreichen und den Aufbau von weiteren „Moin Oasen!“
zu erreichen.




BREMEN HASTEDT 21.01.2021
WO SIND DIE BÄUME HIN?


BREMEN  01.02.2021

AUFKLÄRUNG - TELEFONAT MIT UMWELTBETRIEBE BREMEN 

Kurz vor der Errichtung der „Moin Oase!“ sind die Bäume wie vom Erdboden verschluckt, sie waren einfach gefällt worden. Wir fragten uns „Was war der Grund dafür?“, „Wussten die Bewohner?“, „Haben Sie sich eventuell über diese Bäume beschwert, weil sie eine eventuelle Gefahr bei Regen und Wind darstellen?“

Wir versuchten an Informationen zu kommen und kontaktierten den Umweltbetrieb Bremen, die für den öffentlichen Straßenraum zuständig sind. Dort sagte man uns, dass die Bäume aufgrund der Standsicherheit eine Gefahr darstellen und deshalb gefällt worden sind. 

Die Bewohner in der Föhrenstraße wurden scheinbar nicht informiert, teilte uns eine ältere Dame am Fenster mit. Die gefällten Bäume werden dennoch durch neue Bäume ergänzt, damit das Straßenbild erhalten werden kann.


BREMEN 05.02.2021
UMFRAGE DER BEWOHNER BEZÜGLICH DER GEFÄLLTEN BÄUME UND DER IDEE "Moin Oase"

Der Fragebogen


BREMEN 10.02.2021

AUSWERTUNG DER BEFRAGUNG

Die Fragebögen wurden von den Bewohner in der Umgebung ausgefüllt und in einer liebervollerweise an uns zurückgegeben. Insgesamt haben 28 Personen an der Umfrage teilgenommen.



Die Ergebnisse der Auswertung zeigen, dass die Bewohner der Straße und in der nahe liegenden Umgebung nicht von der Fällung der Bäume und den den Grund dafür gewusst haben. Des Weiteren wird sichtbar, dass das Erscheinungsbild der Straße mit den Bäumen, den Bewohner mehr entsprochen hat und der Laub nicht wirklich eine Belastung darstellte. Gut, dass die gefällten Bäume durch neue ersetzt werden.



Zu der Frage, ob sie an unseren Experiment teilgenommen hätten, haben wir ein deutliches "ja" erhalten.


Fazit:
Die Auswertung der Umfrage zeigt die Tendenz einer hohen Beteiligung der Nachbarschaft an solch einem Experiment. Im Enddeffekt steht der soziale Kontakt und die Nähe zu den Mitmenschen im Vordergrund, so dass der Wille vorhanden ist, auch über Umwege den menschlichen Austausch zu suchen. Auch wenn das Experiment an dieser Stelle nicht fortgeführt werden kann, steht einer Ausführung dieser Art und Weise in der Zukunft nichts im Weg.