Hochschulseminar – Sozialisation im (öffentlichen) Stadtraum
 
EXPERIMENT – Mach mit, mal mit!
Marten Bournot, Sebastian Görs, Till Jochem, Laetitia Konsek, Jan Kramer, René Remmert, Jessica Schnieders , 05.02.2022

„Die Handlungsweisen der Menschen, mit denen sie zusammen ihren Selbsterhalt sichern, haben historisch zu einer Vergegenständlichung ihrer Handlungen geführt.“ (Sturzenhecker, 2015) Es wird die Frage gestellt, wie ein informelles Angebot zur Aneignung des öffentlichen Raumes wahrgenommen wird.
(The English abstract below)


Intervention im öffentlichen Raum


Im Westen Neustädter Markt und im Osten Berliner Platz

Der Neustädter Markt und der Berliner Platz an der Mecklenburger Straße sind öffentliche Plätze in Bremen, an denen optimale Bedingungen für das Experiment vorliegen. Zum einen durch die zentrale Lage und zum anderen durch die Nutzung der Passanten als Durchwegungsfläche.

Das Experiment erfolgt am Neustädter Markt an einem Sonntag, morgens von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr und am Berliner Platz an einem Dienstag zwischen 15.00 Uhr und 17.00 bei gleichen, kühlen aber trockenen Wetterbedingungen.
Nachdem ein erstes informelles Angebot, bestehend aus Stühlen, Kreide zum bemalen des Raumes und ein Schild mit anregendem Slogan nicht angenommen wurde, wird der Raum durch die Gruppenmitglieder intensiver interveniert. Zum einen werden die Stühle in einer Reihe als Hindernis platziert und zum anderen wird der Boden erstmals durch die Gruppenmitglieder selber bemalt. Währenddessen werden viele Fußgänger und auch Fahrradfahrer auf uns Aufmerksam, die jedoch nie auf das Angebot reagieren. Das erste Experiment endet mit einer geringen Teilnahme, wodurch wir angeregt waren, das Experiment erneut zu einer anderen Uhrzeit durchzuführen.

Der Berliner Platz bot ein kinderreiches Publikum, wodurch das Experiment bereits beim Aufbau wahrgenommen wurde. Passanten sprachen die Gruppenmitglieder an und fragten neugierig nach. Nachdem erneut der erste Schritt der Durchführung erfolgte, wiederholte sich der Ablauf zunächst. Interessierte Blicke, aber wenig Intervention durch Fremde. Im zweiten Teil wurde das Angebot dann vor allem durch die spielenden Kinder angenommen. Nachdem die Eltern zögerlich nachfragten, konnten Gespräche entstehen, welche die Aneignung der Kinder zuließen.


Neustädter Markt


Neustädter Markt - Aufbau Experiment


Neustädter Markt - Durchführung Experiment


Berliner Platz


Berliner Platz - Durchführung Experiment


Berliner Platz - Durchführung des Experimentes


Berliner Platz - Teilnahme am Experiment


Berliner Platz - Teilnahme am Experiment


Berliner Platz - Teilnahme am Experiment

Zusammenfassend zeigt das Experiment, dass der öffentliche Raum als sensibles Medium vor allem durch Anonymität blockiert wird. Fortlaufend werden Fragen zur Sicherheit gestellt, die als Grundlage der Aneignung dienen. Kindern wird die Möglichkeit der Aneignung dabei vorgegeben und es kommt trotz deutlichem Interesse seltener zur direkten Aneignung. Folgen davon kann die kindliche Wahrnehmung des öffentlichen Raumes als beschränkten Raum für Erwachsene sein, wodurch die weitere Entwicklung im Leben des Kindes im öffentlichen Raum eingeschränkt ist. Jane Jacobs dient dieser These als Unterstützung, indem sie die 
klare Zuordnung von Grenzen innerhalb des öffentlichen Raumes als Begrenzung von Teilnehmern und damit dem Ausschluss von Sozialgruppen erklärt. (Schubert, 2012)

Interessant ist es außerdem zu beobachten, dass erst durch die eigene Intervention des öffentlichen Raumes durch die Gruppenmitglieder, in Form der Bemalung der Straße, umliegende Passanten angeregt sind mitzumachen – und mit zu malen.


Intervention im öffentlichen Raum

"People's modes of action, together with which they secure their self-preservation, have historically led to an objectification of their actions." (Sturzenhecker, 2015) The question is raised as to how an informal offer of appropriation of public space is perceived. 

Neustädter Markt and Berliner Platz on Mecklenburger Straße are public spaces in Bremen with optimal conditions for the experiment. On the one hand, because of their central location and, on the other, because passers-by use them as passageways.

The experiment will take place at Neustädter Markt on a Sunday, in the morning from 10.00 to 12.00 and at Berliner Platz on a Tuesday between 15.00 and 17.00 in the same, cool but dry weather conditions. 

After an initial informal offer consisting of chairs, chalk to paint the space and a sign with an inspiring slogan was not accepted, the space is intervened in more intensively by the group members. On the one hand, the chairs are placed in a row as an obstacle and on the other hand, the floor is painted for the first time by the group members themselves. Meanwhile, many pedestrians and also cyclists take notice of us, but they never react to the offer. The first experiment ends with low participation, which encouraged us to conduct the experiment again at a different time. 

Berliner Platz offered a crowd of children, which meant that the experiment was already noticed during the set-up. Passers-by approached the group members and inquired curiously. After the first step of the experiment was carried out again, the procedure was repeated at first. Interested glances, but little intervention by strangers. In the second part, the offer was then accepted mainly by the playing children. After the parents hesitantly inquired, conversations could arise that allowed the children's appropriation.

In summary, the experiment shows that public space as a sensitive medium is blocked primarily by anonymity. Questions about safety are continuously asked, which serve as the basis for appropriation. The possibility of appropriation is predetermined for children and, despite clear interest, direct appropriation is less frequent. Consequences of this can be the child's perception of public space as restricted space for adults, which limits further development in the child's life in public space. Jane Jacobs serves as support for this thesis by explaining the clear assignment of boundaries within public space as limiting participants and thus excluding social groups. (Schubert, 2012)

It is also interesting to observe that it is only through the group members' own intervention of the public space, in the form of painting the street, that surrounding passers-by are encouraged to join in - and to paint along.


Literaturverzeichnis
Schubert, D. (2012). 40 Jahre Städtebauförderung - 50 jahre Nachmoderne, Jahrbuch Stadterneuerung. Arbeitskreis

Stadterneuerung an deutschsprachigen Hochschulen.
Sturzenhecker, B. (2015).
Sozialräumliche Aneignung als ästhetische Selbstbildung. Von kubi-online: https://www.kubi-

online.de/artikel/sozialraeumliche-aneignung-aesthetische-selbstbildung abgerufen