Alina Tschernova, 06.02.2025
This article deals with the the discussion between Auguste Perret and Le Corbusier regarding "for and against the long window" revolves around the architectural significance and functional role of large windows, particularly horizontal, long windows. The discussion highlights the early architectural debate around modernism and the role of windows in shaping the experience of space.
Le Corbusier was an enthusiastic proponent of the long window, seeing it as a symbol of modernity, offering more light, better connections to the outside, and enhancing the spatial experience.
Perret, while not entirely opposed, was more cautious and focused on the practical aspects, including structural concerns and material considerations. He believed that windows should serve a clear functional purpose, not just be used for stylistic reasons.
Ultimately, the debate reflects two different approaches to modern architecture: Le Corbusier's idealism and focus on aesthetics and openness versus Perret's pragmatic approach, which integrated functionality with form.
Beginn der Debatte
Der Konflikt begann während der jährlichen Kunstausstellung der Salon d'Automne , welches vom 1. November - 16. Dezember 1923 ging.
In dieser Ausstellung haben die zwei Architekten Le Corbusier und sein Verwandter Jeanneret eine Debatte hervorgerufen durch ihre ausgestellten Modele, welche neuartige und auffallende Techniken zeigten, die die damaligen Traditionen über Bord warfen.
Le Corbusier: La Roche-Jeanneret Paris, 1923
In einem Interviewer startete August Perret einen "Angriff" gegen die Beiden. Er kritisierte deren neuartige Ideen. Sie sind, laut ihm „verzaubert vom Volum, es ist das einzige Thema das sie beschäftigt. Sie leiden unter einem bedauerlichen Zwang, welcher sie daraufbestehen lässt Kombinationen an Linien zu entwerfen ohne auf den Rest zu achten"
Die Kritik, welche aber für die größte Aufrufe sorgte, war die Kritik von Perret, welche sich an die Form der Öffnungen in den Wänden richtete. Dem Fenster. Daraus entstand die Kontroverse zwischen den beiden Architekten. Es war eine Debatte, die nicht nur um die technischen oder ästhetischen Verschiedenheiten, sondern um zwei konträre Konzepte des Wohnens, ja sogar zwei verschiedene Kulturen ging.
August Perret
Le Corbusier im Stedelijk Museum, 1964
"Die Funktion erfordert die Form, aber die Form soll nicht die Funktion ersetzen" von Perret, bezogen auf Corbusier. Le Corbusier habe dazu tendiert in seinen Bauten ein Kluster an Fenstern zu nutzen um ein Volum zu erzeugen. Dabei lässt er teile der Wandflächen komplett ohne Fenster. Le Corbusier konstruierte laut Perret "seltsame Fenster Formen" welche horizontal waren. Von außen wären solche Fenster beeindruckend, im Inneren habe man aber viele Wände ohne Fenster und dementsprechend auch weniger Licht.
Auf diese Kritik von Pierret reagierten Le Corbusier ebenfalls mit einem Interview. (14.12.1923)
Dadurch, dass die Beiden früher (1908-1910) Kollegen waren, war Corbusier dement sprechend enttäuscht von Perrets Aussagen. Perret habe nicht nur beleidigende sondern auch sachlich falsche Argumente gebracht. Dementsprechend sei die Aussage von Perret "Seine Fenster liesen nicht genug licht rein" falsch.
Corbusier wollte mit seinen Fenstern einen gut belichteten Innenraum schaffen, das war sein Hauptziel. Die breiten Fenster, die auf viele zu der Zeit bizarr wirkten, verschaffen dem Inneren maximale Helligkeit.
Le Corbusier: Licht Skizzen, 1923
„Second visit to Le Corbusier“ 28.12.1923
Der Artikel von Guillaume Baderre nimmt die Seite von Le Corbusier an und listet die Pro´s für das Langfenster auf.
Der Artikel besagte:
Das traditionelle vertikale Fenster sei ein Resultat aus veralteten konstruktiven Standards. Somit waren die Fenster dadurch eingeschränkt in Höhe und Breite. Durch neue Technologie kann man somit ohne weiteres breitere Fenster bauen. Durch die horizontalen Fenster würde auch das Licht anders in den Raum fallen, es würde sich auf der Augenhöhe fokussieren.
Das Besondere an diesem Artikel war, dass darauf viele weitere basieren. In diesen Artikel wurden auch die Grundrisse und Ansichten von Le Corbusiers kleiner Villa am See in Courseaux gezeigt. Das Besondere an dieser Villa war das große Langfenster, welches sich fast über die gesammte Wand erstreckte. Le Corbusier bezeichnete das Fenster auch als "der Hauptprotagonist des Hauses" oder als "der einzige Protagonist der Fassade".
Le Corbusier: Pläne für das kleine Haus am See, 1923
Im darauffolgenden Jahr, 1924, baute Perret die "Palais de Bois" Kunstgalerie.
Le Corbusier veröffentlichte daraufhin eine Skizze von Perret, wie er vor dem Langfenster in seiner Kunstgalerie sitzt und mit seinem Gehstock auf das Fenstern zeigt.
Er beglückwünschte ihm zu seinem Fenster. Er sei zufrieden, dass nun auch sein ehemaliger Kollege das Langfenster verwendet
Le Corbusier: August Perret im Sessel vor einem horizontalen Fenster seiner Kunstgalerie Palais de Bois, 1924
Diese Karikatur nahm Perret nicht gut auf und behauptete "Eigentlich ist das Langfenster gar kein Fenster." Perret sagte sogar "Ich verabscheue Panoramas".
Perret behauptete, dass ein Fenster wie "ein menschliches Wesen ist". Er erkannte darin eine anthropologische Analogie.
Zitat:
"Das Vertikale Fenster gibt dem Menschen einen Rahmen der seiner Silhouette entspricht..., die Vertikale ist die Linie des aufrechten Menschen, sie ist die Linie des Lebens"
Die Abneigung zu langen Fenstern kam auch daher, dass für Perret es eine monumentale Veränderung darstellte. Eine Veränderung, welche die Kultur in Frage stellt. Insbesondere die Wirkung des Fensters im Inneren.
"Das traditionelle Fenster öffnet das Innere dem Draußen gleichzeitig, fungiert das Fenster als eine Schwelle, Es schließt aus ("ausschließend") sowohl im physischen als auch im übertragenden Sinne das Langfenster dagegen "verdammt uns, ein ewiges Panorama zu betrachten". Für Perret ist das vertikale Fenster ein Stimulant.
Es zeigt einem die komplette Szene, die Straßen, den Garten, den Himmel. Das Wichtige dabei war für ihn, dass man diese Öffnungen auch schließen konnte.
Laut Corbusier fungiert das horizontale Fenster (im Gegensatz zum Vertikalen) es als Vermittler zwischen Außen und Innen. Aufgrund dessen, dass die Öffnung selbst sowohl die Schwelle als auch seine eigenen Grenzen aufhebt. Wo das traditionelle, vertikale Fenster die Sicht aus dem Fenster auf ein Teil der Landschaft minimiert, somit auch es manipuliert, zeigt das neue, horizontale Fenster dagegen die Landschaft im Ganzen.
Zitat:
" Ein Fenster welches 11m breit ist, erschafft eine Beziehung zur Außenwelt und lässt Licht herein. Es füllt das Innere mit der Weite der Landschaft. Von morgens bis abends kann man den Wandel des gesamten Landschaft beobachten."
Dabei stellt sich die Frage, ob das horizontale Fenster nicht auch die Sicht manipuliert?
Das vertikale Fenster zeigt ein dreidimensionales Gefüge, es zeigt sowohl den Garten, die Straße als auch den Himmel.
Eiin horizontales Fenster zeigt einen Bildausschnitt von maximaler perspektivischer Tiefe. Als auch Abstufungen der Dimension, Farbe & Helligkeit. Dabei kann so ein panoramischer Ausblick der bekannten Umgebung eine beruhigende Wirkung haben. Gleichzeitig sorgt die meist erhobene Position des Fensters für eine gewisse Verborgenheit zum Außenraum.
Zitat:
"Das Fenster ist ein Ort des stillen Monolog und Dialogs, der Reflexion des eigenen Stands zwischen der Endlichkeit & Unendlichkeit"
Das Fenster ist somit ein Ort wo ein Dialog/Monolog zwischen dem Drinnen und Draussen entsteht.
Die Abneigung von Perret für das Langfenster kam auch daher, dass es nicht, wie das Vertikale Fenster drei Dimensionen des Drausens zeigte (Garten, Straße, Himmel). Laut Perret limitiert ein langes Fenster die Wahrnehmung und auch die Tiefe der Scene, die man durch das Fenster sieht. Noch weiter wird dieser Effekt durch den großen Abstand zwischen den vertikalen Grenzen hervorgehoben.
Le Corbusier und Pierret Jeanneret - Aussicht aus dem horizontalen Fenster des kleinen Haus am See Geneva, zeitgenössische Fotografie
Beispiel: Villa von Le Corbusier
Die Ränder des Fenster sind nicht mehr im Sichtfeld.
Das Innere eines Raumes wurde stets als sicherer Ort, ein privater Ort gesehen, die Wände als eine schützende Hülle des privaten Menschen. Le Corbusier riss diese schützende Hülle wortwörtlich auf. Er ließ durch die entstandene große Öffnung die Außenwelt herein.
Fazit:
Lange Fenster haben die Fähigkeit, den Übergang zwischen dem privaten und öffentlichen Raum zu verwischen. Sie ermöglichen einen großzügigen Blick nach außen und fördern die Interaktion mit der Umgebung. Dadurch wird der private Raum offener und einladender, was zu einer stärkeren Verbindung zur Gemeinschaft führen kann. Gleichzeitig kann dies auch zu einem Verlust an Privatsphäre führen, da die Innenräume für Passanten einsehbar sind.
Vertikale Fenster hingegen betonen die Höhe und können den Raum vertikaler und luftiger erscheinen lassen. Sie schaffen oft eine stärkere Trennung zwischen dem Innen- und Außenraum, was den privaten Bereich mehr schützt. Gleichzeitig können sie jedoch auch das Gefühl der Isolation verstärken, da sie den Blick nach außen einschränken und weniger Interaktion mit dem öffentlichen Raum ermöglichen.
Insgesamt beeinflussen sowohl lange als auch vertikale Fenster die Wahrnehmung und Nutzung von privaten und öffentlichen Räumen auf unterschiedliche Weise. Während lange Fenster eine offene und einladende Atmosphäre schaffen, fördern vertikale Fenster eher Intimität und Privatsphäre. Die Wahl des Fenstertyps kann somit entscheidend für das Zusammenspiel zwischen diesen beiden Raumkonzepten sein.
Quellen:
https://liyangding.com/2018/12/14/bruno-reichlin-1984-the-pros-and-cons-of-the-horizontal-window-the-perret-le-corbusier-controversy-daidalos-13-56-78/
https://www.architectural-review.com/essays/exhibitions/auguste-perret-the-maverick-grand-old-man-of-french-architecture
https://de.wikipedia.org/wiki/Salon_d’Automne
https://www.engelvoelkers.com/fr/en/resources/le-corbusier-the-story-of-a-controversial-architect
https://warwick.ac.uk/fac/arts/scapvc/arthistory/people/staffca/campbell_104842_grtid_kunst_og_kultur_1404_t.pdf