Hochschulseminar – Stadt und Rock 'n' Roll
 
Sanfte Stadt - David Sim
Till Jochem, 08.01.2024

Climate change, traffic congestion and spatial separation are the biggest challenges cities are facing in the 21st century.

The book “Soft City” addresses these problems and offers solutions that are simple, low-tech, cost-effective and people centred. People should move closer together, become more connected and cities should become more pleasant for everyone.

Vorwort - Wie wir zu den Städten von heute kamen
1933 trafen sich eine Gruppe europäischer Architekten und Stadtplaner in Athen zur Unterzeichnung der CIAM-Charta, oft auch als Charta von Athen bezeichnet. Die dort besprochenen Leitsätze bezogen sich auf die Zukunft von Architektur und Stadtplanung und empfahlen eine Trennung der verschiedenen städtischen Funktionen. Das sind Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Verkehr.

Diese Ideen setzten sich in den folgenden Jahrzehnten weltweit durch und wurden zu den dominierenden Leitprinzipien für Architektur und Stadtplanung. Bis dahin wurde nie richtig bewertet, ob diese Veränderungen für die Menschen wirklich nützlich waren. Die weit verbreitete Unzufriedenheit mit dieser Siedlungsart zeigt, dass sie nie richtig funktioniert haben.

1998 wurde zu einer neuen Konferenz nach Athen eingeladen und auf Grundlage der Erfahrungen der letzten 65 Jahre eine neue Charta erarbeitet. Diese besagt nun hauptsächlich, dass Wohnen, Arbeiten, Erholung und Kommunikation niemals getrennt werden dürfen. Also das komplette Gegenteil der vorherigen Leitsätze.

Daraufhin wurde vor allem in Dänemark viel dazu geforscht, wie die gebaute Form die Lebensqualität beeinflusst und so wurde über mehrere Jahrzehnte viel Forschungsarbeit und Erkenntnisse zur menschenorientierten Architektur und Stadtplanung beigetragen. Das hatte auch großen Einfluss auf die Entwicklung von Kopenhagen, was ja jetzt eine der Lebenswertesten Städte der Welt ist.


Einführung
Jeder hat dieselben Aufgaben und Probleme, im Winter rausgehen, zu Arbeit, Kinder von der Kita abholen, Abendessen vorbereiten, Einkaufen etc. Mit ein wenig Aufmerksamkeit lässt sich das alles mit ein bisschen mehr Komfort und Freude erledigen. In kleinen Schritten und mit einfachen und kostengünstigen Investitionen kann das moderne Leben etwas sanfter gemacht werden.

Klimawandel, Verkehrsstaus, räumliche Trennungen sowie rasche Verstädterung sind die größten Herausforderungen, denen die Welt gegenübersteht. Von vielen wird jede Veränderung im Zusammenhang mit der Erde, den Menschen und dem verfügbaren Raum als Bedrohung ihrer Lebensweise empfunden.

Im Großen und Ganzen sollen in einer sanften Stadt sollen die Menschen näher zusammenrücken. Widersprüchliche Faktoren des täglichen Lebens sollen zusammengebracht und verknüpft werden. Die sanfte Stadt kann als Gegenpol zur smarten Stadt gesehen werden, die, anstatt Probleme mit komplexen neuen Techniken zu lösen, einfache, technologiearme, kostengünstige und menschenorientierte Lösungen anstrebt, um das Stadtleben leichter und angenehmer zu machen.


Nachbarn sein
Das erste Kapitel nimmt die Herausforderungen der Urbanisierung an, indem es aufzeigt, wie sich Dichte und Vielfalt am selben Ort vereinen lassen, um möglichst lokal leben zu können.

Für eine zunehmende Verdichtung sprechen viele Gründe. (Verstädterung und schwindende Ressourcen) Doch nur durch eine höhere Dichte ist das Leben in einer Stadt nicht besser. Urbane Qualität entsteht durch Dichte und Vielfalt von Gebäudetypen und Nutzungen am selben Ort.


Umschließung



Der vielleicht wichtigste Aspekt der Umschließung sind die Außenräume, die ohne zusätzliche Kosten zwischen den verschiedenen Bauten entstehen.
Die Blockrandbebauung bietet im urbanen Umfeld dringend benötigte Privatsphäre, sowie Sicherheit. Durch den baulichen und visuellen Schutz eignet sich der Bereich zum Beispiel als Erweiterung des Lebensbereichs innerhalb eines Hauses oder als Fläche für weitere Nutzungen. Außerdem halten die Bereiche Lärm, Gerüche, und Unordnung ab und schützen die umliegenden Nachbarn vor eventuell störenden Aktivitäten.

Vervielfacht man diese Bebauung erhält man automatisch weitere Raumtypen, wie Straßen oder Plätze. Definiert wird der Raum durch die Ränder der Häuserblöcke. Diese Bebauungsstruktur bietet den Vorteil, dass sie Zwei unterschiedliche Arten von Außenräumen ausbildet – den privaten Raum und den öffentlichen. Das Ermöglicht es die verschiedenen Raumarten nebeneinanderzustellen und nur durch die Gebäude selbst zu trennen. So löst diese Bauform die Herausforderung des Schaffens von Dichte bei gleichzeitiger Vielfalt von Gebäudetypen und Nutzungen, in denen sich dann verschiedene Aktivitäten entfalten können.

Ein weiterer Vorteil der Blockrandbebauung ist es, bei geringer Bauhöhe eine hohe Dichte zu erzielen. Durch die Bebauung entlang des äußeren Grundstücksrandes und den im Innenraum entstehenden Freiraum, kann die Grundstücksfläche größer ausfallen als das bei kleineren, aber höheren Häuserblöcken der Fall ist. Blöcke mit Höfen weisen im Verhältnis zu ihrer Größe mehr äußere Ränder auf. Es kann also in Gebäuden mit geringerer Höhe die gleiche Quadratmeterzahl erreicht werden, wenn die Blöcke kleiner sind.



Die Vorderseite der Blockrandbebauung ist öffentlich, wobei sich das Erdgeschoss ideal für Dienstleistungen, Geschäfte und Betriebe eignet. Der private Innenhof eignet sich für Kinder zum Spielen, als Aufbewahrungsort für persönliches Eigentum oder als Garten.

Die Gebäudewände schirmen den Lärm der Straße und der öffentlichen Plätze ab und ermöglichen mitten in der Stadt einen Ort der Ruhe und Stille direkt am eigenen Haus. (man kann mit offenem Fenster Schlafen oder auch durch die geringere Luftverschmutzung im Innenhof Wäsche draußen trocknen)


Verbunden



Innerhalb der Blockrandbebauung können verschiedene Gebäude separat entwickelt und verwaltet werden. Das führt zu einer größeren Flexibilität bei der Gestaltung der Gebäude, der Typologie, der Bauweise, der Nutzung und vor allem der Entwicklung im Laufe der Zeit. Die Unterteilung ermöglicht mehrere Bauträger und verschiedene Entwürfe. Jedes Grundstück muss jedoch mit einem Rand zur Straße liegen, um einen Zugang zu gewähren und um den Straßenraum zu definieren.


Schichtung



Dazu muss man sagen, dass Schichtung und Stapelung sehr unterschiedlich sind. Bei der Schichtung werden verschiedene Funktionen übereinander angeordnet, wobei Unterschiede zwischen den Räumen optimal genutzt werden. Beim Stapeln liegen immer dieselben Funktionen und dieselbe Art der Unterkunft übereinander. Idealerweise sollten städtische Bauten eindeutige horizontale Schichten aufweisen und ihren Charakter von der Straßenebene bis zum Dach verändern, da sich die Zugang- und Lichtverhältnisse von Geschoss zu Geschoss unterscheiden. Durch die Schichtung werden diese Unterschiede hervorgehoben.

Durch Schichtung in der Horizontalen, aber auch in der vertikalen kann man ein System aus Innen- und Außenbereichen schaffen. Je komplexer das räumliche System ist und je unterschiedlicher seine Qualitäten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dort verschieden Aktivitäten stattfinden.


Das Potential des Erdgeschosses und das Dachgeschoss
Ein Vorteil kleiner geschlossener Blöcke ist der hohe Erdgeschossanteil. Vor allem bei großzügigen Deckenhöhen sind Erdgeschosse flexibler als andere Etagen und können daher für mehr Vielfalt sorgen. Durch die große Bandbreite an möglichen Nutzungen im Erdgeschoss kann man sicherstellen, dass Menschen mehr Zeit auf der Straßenebene verbringen und sich so mit dem öffentlichen Leben verbinden. Aktive Erdgeschosse fördern den Gemeinschaftssinn und ein Gefühl der Sicherheit durch einen ganztägig belebten Raum.

Für eine Erweiterung der Geschäftsfläche ist der Bürgersteig der flexibelste Raum. So wird der Übergang zur Straße aufgelockert, was zu einem Verweilen einlädt. Gerade für die Gastronomie ist es von Vorteil die Straße zu nutzen, da man dort einen großen Umsatz erzielen kann. Außerdem belebt das den Straßenraum, was gerade durch ein paar Tische und Stühle sehr kostengünstig und schnell realisierbar ist.

Neben einem proportional hohen Erdgeschossanteil bietet der geschlossene Block auch mehr Dachgeschossfläche im Vergleich zu Hochhäusern oder freistehenden Gebäuden. Und wie bei dem Erdgeschoss haben auch die Räume im Dach besondere Eigenschaften, durch deren Nutzung sich die Leistung des Gebäudes steigern lassen

Beim Dachgeschoss sind die freie Raumordnung, der leichte Zugang zur Dachfläche und die Erweiterbarkeit von Vorteil, sowie die bessere Aussicht, mehr Tageslicht und natürliche Belüftung. Im Dachgeschoss lassen sich meist unabhängig von den unteren Geschossen die Grundrisse frei gestalten. So kann das Volumen des Dachgeschosses fast jede beliebige Form annehmen, da sich darüber nichts mehr befindet. Das Dach lässt sich aufstocken oder erweitern und bleibt so auch in Zukunft flexibel und es kann auf mehr individuelle Nutzungen eingegangen werden.


Die Zeit deines Lebens
Hier geht es darum, wie viel Zeit wir am Tag für die verschiedenen Wege brauchen. Zum Beispiel von zu Hause zur Arbeit, oder zum Einkaufen. Diese Wege wurden, wie auch schon ganz am Anfang beschrieben, durch die Räumliche Trennung der verschiedenen Funktionen immer länger, wodurch auch das Verkehrsaufkommen weiter anstieg.

Es geht aber nicht nur darum, dass alles, was wir brauchen in unmittelbarer Nähe ist. Auch die Wege zwischen den verschiedenen Orten sollten angenehm gestaltet werden. So könnte der Schulweg zu einer Radtour mit der Familie werden, der Arbeitsweg ein Spaziergang durch den Park oder die Mittagspause zu einer Gelegenheit zum Einkaufen. Man könnte also verschiedene Tätigkeiten auf angenehme Art und Weise verbinden und den Tag so weniger stressig gestalten, sodass mehr Zeit für andere Freizeitaktivitäten bleibt.


Die menschliche Dimension der Mobilität
Jedes städtische System hat einen Bedarf an weiteren Mobilitätsoptionen. Das fängt bei den kleinsten Bewegungen an. Der Weg von Balkon zum Wohnzimmer, vom Wohnzimmer zu Haustür oder von der Küche in den Innenhof. Dieses System kann man als System der fußläufigen Gebäude bezeichnen, in dem man innerhalb weniger Minuten vom Schlafzimmer zum Bäcker oder der Bushaltestelle kommen kann.

Ähnlich wie bei den fußläufigen Gebäuden ist auch das Leben im Stadtviertel von kleinen Bewegungen bestimmt. Kleinen Bewegungen, wie das Fahrrad auf den Radweg zu schieben oder auf den Bus zu warten, sind Gelegenheiten, um mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Das ist die menschliche Dimension der städtischen Mobilität, denn Fußläufigkeit kann ein soziales Miteinander schaffen und mehr menschlicher Kontakt ist eines der Ziele der sanften Stadt.


Fußläufige Gebäude



Mit vier bis fünf Geschossen hat der geschlossene Block einen menschlichen Maßstab und die Gebäude sind leicht zugänglich. Vom vierten Geschoss aus kann man noch das Geschehen beobachten und es lässt sich auch in das Straßenleben eingreifen. Z.B. Spielende Kinder hereinrufen, einem Freund die Schlüssel runterwerfen oder einem Bekannten zurufen.

Die Fußläufigkeit reicht von der Wohnungstür bis zur Straße. Die räumliche Nähe und der direkte Zugang zur Straße verknüpfen das private mit dem öffentlichen. Die Fußläufigkeit umfasst alle Gebäude, die begehbar, durchquerbar und hinaufgehbar sind.

Begehbar heißt hier, dass das Gebäude direkt von der Straße betreten werden kann und auch für alle zugänglich ist. Je besser der innere Bereich zur Straße hin ausgerichtet ist, desto bequemer ist der Zugang.

Durchquerbar steht für die überdachte Verbindung zwischen dem öffentlichen Raum der Straße und dem privaten des Hofes. Dadurch, dass diese beiden unterschiedlichen Welten so nah beieinander liegen, ist es praktisch, schnell wechseln zu können.

Hinaufgehbar bedeutet, dass alle oberen Geschosse bequem über die Treppe erreichbar sind, ohne den Aufzug zu benötigen. Wichtig hierfür ist natürliches Licht und gute Lüftung im Treppenhaus, sowie die Möglichkeit sich kurz auszuruhen, damit sich das Treppensteigen weniger anstrengend anfühlt.

Die Möglichkeit spontan ein- und auszugehen, wirken sich in einem urbanen Umfeld positiv auf die Lebensqualität aus. Mehr Bewegung, frische Luft und soziale Kontakte sind Vorteile für den einzelnen. Für die Gemeinschaft entsteht ein Nachbarschaftsgefühl aus der Anwesenheit und Aktivität der Menschen im öffentlichen Raum.

Über das Zufußgehen
Bei der Fußläufigkeit geht es darum, das Gehen zu ermöglichen, zu erleichtern, es möglichst effizient und angenehm zu gestalten, da es die wichtigste und grundlegendste Form der Mobilität ist. Denn unabhängig vom Verkehrsträger startet und endet jede Strecke mit dem Gehen.

Die Geschwindigkeit beim Gehen ermöglicht es uns auch die Umgebung ganz anders wahrzunehmen und mit ihr zu interagieren. Um das Zufußgehen neben anderen Verkehrsarten sicher zu gestalten, müssen durchgängige, bequeme und attraktive Gehwege geschaffen werden.

Der Fußgänger ist der flexibelste aller Verkehrsteilnehmer. Er kann einfach anhalten, direkt in Gebäude gehen und am schnellsten auf die Umgebung reagieren. Wenn man mit dem Auto direkt in eine Tiefgarage fährt und dann den Aufzug in die Wohnung nimmt, bekommt man nichts von der Außenwelt mit und kann auch nicht mit anderen Menschen in Kontakt treten. Man kann also Parkplätze so anlegen, dass sie von den anderen Gebäuden durch einen kleinen Spaziergang getrennt sind. Das fördert nicht nur die Gesundheit, sondern gibt auch die Gelegenheit sich zu vernetzen und mitzubekommen, was in der eigenen Straße passiert.

Bei der Planung der Fußläufigkeit muss man die verschiedenen Menschen und Lebensumstände beachten. Nicht jeder geht auf dieselbe Art und Weise. Manche haben es eilig, andere schlendern vor sich hin und wieder andere verrichten ihre Arbeit, wie der Postbote.

Zum Zufußgehen gehört auch das Überqueren einer Straße. Das ist vor allem für die jüngsten und die ältesten Verkehrsteilnehmer eine der schwierigsten Aufgaben, da die verschiedenen Verkehrsmittel eine Gefahr für sie darstellen können. Fußgängerbrücken und Tunnel schränken die Möglichkeiten eine Straße zu überqueren ein, da sie von einigen eine große körperliche Anstrengung abverlangen oder nicht überwindbar sind. Kreuzungen sind auch eine Gefahrenstelle für Fußgänger, da dort die größte Verkehrskonzentration herrscht und jeder an der gleichen Stelle anfährt und eventuell auch die Richtung ändert. Es existieren zudem noch informelle Fußgängerüberwege, wie Einfahrten oder anderen Unterbrechungen, an denen sich Fußgänger den Gehweg mit Fahrzeugen teilen müssen.

Aufgrund der Gefahren sollten Fußgängerüberwege flexibler gestaltet werden, sodass man die Straße bequemer und spontaner überqueren kann. Ein Mittelstreifen auf der Fahrbahn kann die Situation verändern und signalisiert den Fahrern auf der Straße, dass sie sich den Verkehrsraum mit anderen Teilen. Der Mittelstreifen ermöglicht es Fußgängern die Straßenseite jederzeit und fast überall zu wechseln, da erstmal nur die Hälfte überquert werden muss. Der Mittelstreifen kann auch in verschiedenen Größen existieren – vom schmalen Streifen bis zu einer Größe, die sogar Fahrradständer zulässt.


Das Radfahren integrieren



Das Radfahren ist nach dem Zufußgehen wahrscheinlich die zugänglichste Art der Fortbewegung. Es ist preiswert, umweltfreundlich, gesund und man kann auch längere Strecken zurücklegen, die zu Fuß zu lange dauern würden. Man kann seine Routen spontan anpassen, seine eigene Geschwindigkeit fahren und ist nicht an Fahrpläne gebunden. Auf dem Fahrrad bleibt die Verbindung mit der Umgebung erhalten, was beim Fahren mit Bus oder Bahn schwer und beim Auto fast unmöglich ist.

Auch bei den Radfahrern gibt es eine große Bandbreite an unterschiedlichen Nutzern. Manche fahren schnell, andere sind mit dem Lastenrad unterwegs und E-Scooter mischen sich auch mit in den Verkehr. Um all diese Verkehrsteilnehmer sicher unterzubringen, braucht es einen eigenen Fahrstreifen.

Das Radfahren im motorisierten Verkehr, so wie es momentan fast überall integriert ist, (Schutzstreifen etc.) ist äußerst problembehaftet und gefährlich. Das Kopenhagener System ist eine Vorgehensweise das Radfahren in der Stadt für alle sicherer und bequemer zu machen. Durch eine eigene, abgetrennte Fahrspur für Radfahrer kommen sie sich mit Autofahrern und Fußgängern nicht in die Quere. Autofahrer müssen, gerade beim Einparken, nicht mehr auf von hinten kommende Radfahrer achten und auch das Aus- und Einsteigen ist sicherer. Die verschiedenen Mobilitätsarten können also problemlos nebeneinanderstehen, ohne Konflikte zu verursachen.

Der schnelle Zugang vom Radweg auf den Bürgersteig bedeutet, dass auch Radfahrer als spontane Kunden der örtlichen Geschäfte infrage kommen. Also würde es sich für viele Geschäfte lohnen, sich für Radwege vor ihrem Laden einzusetzen, wenn es darum geht die Straßenräume umzugestalten.

Als Radfahrer bekommt man mehr von seiner Umgebung mit und hat so ein Gefühl für die tatsächliche Entfernung zwischen Orten und kann sich besser in der Umgebung orientieren, da stets ein Bezug zu den Menschen und Orten besteht. Das gilt natürlich auch für Fußgänger. In den Tunneln der U-Bahn oder beim konzentrierten Autofahren kann man diese Verbindung nicht aufbauen.


Mit dem Wetter leben
Im nächsten Kapitel geht es darum, die in Innenräumen lebenden Menschen besser mit dem Außenleben zu verbinden, um das Bewusstsein für die Natur zu schärfen und den Umgang mit ihr zu erleichtern.

Da immer mehr Menschen in einem verdichteten, urbanen Umfeld wohnen, ist es wichtig, mehr Zeit im Freien zu verbringen. Sich täglich in der Natur aufzuhalten ist langfristig wesentlich für die Gesundheit und das Wohlbefinden. Außerdem hat man die Möglichkeit andere Menschen zu treffen und Erlebnisse zu teilen, wenn man sich draußen aufhält.


Im Freien leben lernen
In den nordischen Ländern verbringen die Menschen viel Zeit im Freien, was möglicherweise dazu führt, dass sie eher mit der Natur im Einklang leben und diese mehr schätzen.

In Kopenhagen werden beispielsweise bei Schnee als erstes die Fahrradwege geräumt, sodass das Rad das erste verfügbare Verkehrsmittel ist. Das ist ein Schritt Städte so zu gestalten, dass sie eine Kultur des Aufenthalts im Freien fördern. Andere Beispiele sind die U-Bahn in Oslo, die mit Skihalterungen ausgestattet, bis zu den Skipisten und im Sommer zu den Wanderwegen fährt. Oder das Hafenbad in Kopenhagen, dass es Menschen ermöglicht im Meer zu baden. All das sind Methoden den Menschen in der Stadt die Natur ein wenig näher zu bringen.


Außenbereich ins Haus holen



Natürliches Licht hat viele positive Auswirkungen auf den Menschen und ist nicht durch künstliches Licht zu ersetzen. Es verbessert die Produktivität am Arbeitsplatz, sowie die Heilung und Genesung in der Gesundheitsfürsorge.

Neben dem Tageslicht gehört auch die natürliche Belüftung zu den zwei augenfälligsten energiesparenden Faktoren. In den USA werden ein Drittel des gesamten Stromverbrauchs für Belichtung, Kühlung und Belüftung verbraucht. Es ist jetzt auch schon üblich, direktes Sonnenlicht in die Gebäude zu leiten. Bei Wohngebäuden wird es allerdings so geplant, dass das Meiste Licht zur Mittagszeit in das Gebäude kommt, also zu der Zeit in der üblicherweise niemand zu Hause ist. Außerdem ist in manchen Regionen ein bedeckter Himmel ein häufiges Problem. Natürliches Licht sollte möglichst aus verschiedenen Richtungen in das Gebäude gelangen, was bei kleineren, schmalen bauten auch meistens möglich ist. Verkehrsflächen und Treppenhäuser lassen sich in kleinen Häusern auch leichter natürlich belüften und belichten. Im Dachgeschoss sind Oberlichter ein einfaches Mittel viel Licht in den Raum zu lassen, da Oberlichter bei gleicher Fläche deutlich mehr Licht hereinlassen als normale Fenster.

Vertikal ist eine Verglasung nur bis zu einer Tiefe von bis zu sechs Metern effektiv. Die Belichtung von Gebäuden mit einer Tiefe von mehr als 12 Metern ist daher schwierig, was wieder für kleinere Häuserblocks spricht.  


Fenster und Türen
Fenster und Türen sind ebenfalls wichtig in unserer Beziehung zur Außenwelt, da sie uns dazu ermuntern uns an den Gebäuderändern aufzuhalten. Denn die Bewegung der Menschen in der Stadt zu sehen, stellt eine Verbindung zum Alltag her. Vorspringende Fenster oder Erkerfenster fangen Licht aus verschiedenen Richtungen ein und bieten eine größere Aussicht auf die Umgebung. Hohe Fensteröffnungen geben den Blick frei auf den Himmel, den mittleren Bereich der städtischen Umgebung mit Bauten und Bäumen und die Erdgeschossebene, auf der sich Menschen aufhalten



Die unmittelbare Außenwelt
Bereiche wie Vorbauten, Veranden oder Arkaden um die Eingänge können als Hybridräume entlang der Außenränder dienen. Das einfachste Detail, welches das Leben an den Gebäuderändern fördert, ist das Vordach in der Erdgeschosszone. So steht auch bei Regen einem Aufenthalt im Freien nichts entgegen und das Pendeln zwischen Innen und Außen entfällt. Außerdem schafft der Rand um das Gebäude ein wenig Privatsphäre, was zu einer Annäherung des privaten und öffentlichen Lebens führt.

An Gebäuderändern ist Platz für Pflanzen und so lassen sich schon durch einfache Maßnahmen herkömmliche Gebäude mit viel Grün ausstatten. Anstatt nur grauen Beton, Menschen und Verkehr wahrzunehmen, kann man mit den sich verändernden Blättern die Jahreszeiten verfolgen und das Rauschen der Blätter im Wind hören. All diese natürlichen Eindrücke sind wichtig für unser Wohlbefinden. Neben den Eindrücken trägt die Natur auch zur Isolierung und Kühlung von Gebäuden, zur Reinigung der Stadtluft, zur Lärmminderung, zur Privatsphäre und zur Verringerung des Wärmeinseleffekts bei.

Balkone oder Loggien haben eine ähnliche Funktion wie die hybriden Räume im Erdgeschoss, da sie eine Direkte Verbindung von Innen- und Außenräumen schaffen. Aufgrund der größeren Sicherheit kann man Besitzgegenstände draußen lassen, sowie Fenster und Türen offen beziehungsweise unverschlossen lassen. Zudem bieten Außenräume im Obergeschoss mehr Privatsphäre als ihre Pendants im Erdgeschoss.

Hier ist aber noch anzumerken, dass öffentliche, gemeinsam genutzte Außenbereiche in den oberen Geschossen, wie Galerien oder umlaufende Balkone, deutlich weniger genutzt werden. Möglicherweise liegt das an dem fehlenden Puffer zwischen öffentlichem und privatem, sowie der Unklarheit, wem der Raum gehört.


Das eigene Wetter schaffen



Der Ansatz der sanften Stadt verfolgt einfache Lösungen, um das Klima zu mäßigen und die Wetterextreme zu reduzieren. Wir sollten also schauen, wie sich die Gestaltung der gebauten Umwelt auf unser Verhalten auswirkt und wie wir uns zwischen innen und außen bewegen, damit die Menschen bequem mehr Zeit im Freien verbringen können.

Früher spielte sich das Leben viel häufiger im Freien ab, und das Mikroklima der Freiräume war somit von großer Bedeutung. Die Bauweise der Außenräume ist in kalten, sowie in warmen Klimazonen sehr ähnlich. Bevorzugt werden kleinere Räume und schmalere Straßen, da kleinere Räume mehr Nutzungsvielfalt und Schutz bieten. So haben die Straßen der Stockholmer Altstadt ähnliche Proportionen, wie Neapel in Italien. In heißen Regionen ist man mit einem Schritt im Schatten, während schmalere, verwinkelte Straßen, sowie die Innenhöfe vor starkem Wind schützen.

Der Block mit seinen niedrigeren Häusern bildet einen geschlossenen Raum, der wiederum ein milderes Mikroklima hat, sodass sich der Außenraum mehr nutzen lässt. So ist der Raum bewohnbarer und ermöglicht, dass man auch über längere Zeiträume mehr Zeit im Freien verbringen kann. Die oft windigen und kühlen Anlagen um Hochhäuser oder Plattenbauten sind da eher weniger begehrte Orte für einen Aufenthalt.



Quelle:
Die Sanfte Stadt von David Sim