Hochschulseminar – Stadt und Rock 'n' Roll
 
Die informelle Stadt
Marina Pister, 17. Februar 2024

There are several colloquial terms for the informal city or informal settlements. Informal settlements are also called marginal settlements or slums. Both slum and squatter settlement. This is usually a settlement near or within a city. Marginal settlement comes from the word marginal (Latin): lying on the edge, standing. They are mainly made up of makeshift dwellings constructed from wood, cardboard and corrugated iron. They are completely new, unplanned "neighborhoods" on the outskirts of the city. These are built without permission from the authorities or landowners and are characterized by poor infrastructure such as inadequate roads, sewage systems, electricity or schools. These neighborhoods are densely built up due to the limited space available and the lack of planning.
It is a kind of self-help - self-help construction/ self-help urban development.


Es gibt einige umgangssprachliche Bezeichnungen für die informelle Stadt bzw. die informellen Siedlungen. Informelle Siedlungen werden auch Marginalsiedlungen oder Elendsviertel genannt. Sowohl Slum als auch Squattersiedlung. Dabei handelt es sich meist um eine Siedlung in der Nähe oder innerhalb einer Stadt. Marginalsiedlung kommt von dem Wort marginal (lat.): am Rand liegend, stehend. Sie sind hauptsächlich aus provisorisch gebauten Unterkünften, die aus Holz, Karton und Wellblech zusammensetzt sind.

Es sind vollkommen neue, ungeplante „Stadtviertel“ am Stadtrand. Diese entstehen ohne Erlaubnis der Behörden oder Landeseigentümer und sind gekennzeichnet durch eine schlechte Infrastruktur wie zum Beispiel wenig angemessene Straßen, Abwassersysteme, Elektrizität oder Schulen. Diese Viertel sind dicht bebaut aufgrund des nur begrenzt verfügbaren Raumes und des Mangels an Planung. Es ist eine Art Selbsthilfe – auch Selbsthilfe Bau/Städtebau genannt. Es herrschen ungeklärte Eigentumsrechte und Armut aufgrund von fehlendem Zugang zu angemessenen Arbeitsplätzen, Bildung oder Gesundheitsversorgung vor. In der Umgangssprache wird auch der Begriff Slum verwendet.


Mit dem Begriff Slum werden jedoch traditionell heruntergekommene Stadtviertel der Kernstadt bezeichnet, während informelle Siedlungen neue, ungeplante „Stadtviertel“ am Stadtrand sind.
Außerdem konzentrieren sich Slums auf Wohnbedingungen und infrastrukturelle Aspekte, wie zum Beispiel überfüllte, ärmliche bzw. informelle Unterkünfte ohne angemessenen Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen, die auch teilweise auf informelle Siedlungen zutreffen. Wie zum Beispiel heruntergekommene Bausubstanz, eine hohe Wohndichte, geringes Einkommen der Bewohner, ein hohes Maß an sozialem Verfall, z. B. Kriminalität, Drogenkonsum, Prostitution sowie die gesellschaftliche Ausgrenzung der Bewohner.

Slums entstehen meist durch eine Kombination aus schneller Urbanisierung, unzureichender Planung und Diskriminierung, während Marginalsiedlungen sich auf die sozialen Aspekte der Armut konzentrieren, wie zum Beispiel Einkommensungleichheit und mehr auf innerstädtische Entwicklungen.


Auch ein Arztbesuch, der Gang in die Schule oder ein Ausflug in den Stadtpark ist für einige nicht möglich. Oftmals liegen informelle Siedlungen in Gefahrenzonen. Aufgrund der ungeklärten Rechtslage leben diese in ständiger Angst vertrieben zu werden. Die Menschen sind den Folgen des Klimawandels wie Hitze, Unwetter und dem Anstieg des Meeresspiegels ausgesetzt. Außerdem bestehen, aufgrund unzureichender Infrastrukturen und Dienstleistungen wie sauberes Trinkwasser, Abfallsammlung, Abwasserentsorgung und Zugang zur Gesundheitsversorgung, Gesundheitsrisiken. Die Bewohner sind auch anderen umweltbedingten Gesundheitsrisiken wie Luftverschmutzung in Innenräumen und im Freien, starkem Verkehrsaufkommen, Verkehrsunfällen, Pestiziden, Bodenverschmutzung und Überschwemmungen in unverhältnismäßig hohem Maße ausgesetzt. Dennoch erhalten sie oft keine staatliche Unterstützung.

Es gibt allerdings auch Siedlungen, die von ihrem baulichen und genehmigungsrechtlichen Charakter eher informelle Siedlungen sind, aber keine Elendsquartiere, sondern Formen von Protestkulturen (Protestcamps, z. B. Hüttendorf) oder der Wunsch nach einem alternativen Lebensstil.


In verschiedenen Ländern gibt es unterschiedliche Bezeichnungen für informelle Siedlungen: Asentamientos Humanos und Pueblos jóvenes in Peru – Bidonville in Frankreich – Favela Brasilien – Gecekondu in der Türkei – Invasiones in Ecuador – Katchi abadi in Pakistan – Poblaciones in Chile – shanty town in Südafrika und Villa Miseria in Argentinien. Diese werden durch unterschiedliche Faktoren verursacht, darunter Bevölkerungswachstum, Land-Stadt-Migration, Mangel an erschwinglichem Wohnraum, schwache Regierungsführung, wirtschaftliche Anfälligkeit und unterbezahlte Arbeit, Diskriminierung und Marginalisierung sowie Vertreibung durch Konflikte, Naturkatastrophen und Klimawandel.

Weltweit leben über eine Milliarde Menschen in informellen Siedlungen, und diese Zahl steigt im gesamten globalen Süden. Bis 2050 werden fast 70 % der Weltbevölkerung in Städten leben. Mit dem Wachstum der formalisierten Städte in den Entwicklungsländern wachsen jedoch auch die selbst errichteten Siedlungen und ihre Wirtschaft. Diese bewegen sich außerhalb des üblichen Rechts- und Regulierungsrahmens und sind dennoch eng mit dem Funktionieren der Stadt verwoben. Dieser informelle Sektor umfasst den gesamten sozialen und wirtschaftlichen Rahmen von Orten wie den Favelas in Brasilien oder den Townships in Südafrika. Weltweit macht der informelle Sektor schätzungsweise über 60 Prozent der Städte aus, dabei ist die Mehrheit der Arbeitsplätze in vielen Schwellenländern der Welt informell.

Weder private Wohnungsmärkte noch die Kommunen zeigen sich bisher erfolgreich darin, in die Städte kommenden Migranten Wohnraum zu erschwinglichen Preisen bereitzustellen. Auf sich gestellt suchen sie ungenutzte Flächen und bauen, so gut es geht, ihre Häuser und Gemeinschaften selbst. Viele der ehemaligen Hüttensiedlungen haben sich inzwischen zu respektablen Vororten entwickelt. Der informelle Sektor wächst, weil Städte – und insbesondere Megastädte – größere Möglichkeiten und bessere Gelegenheiten bieten. In den Marginalsiedlungen herrscht ein großer Wunsch und das Bestreben nach wirtschaftlichem und sozialem Aufstieg. Städte versuchen Gegenmaßnahmen zur Ausbreitung der Siedlungen zu ergreifen und legalisieren illegal besetzte Flächen oder sorgen für Zwangsräumungen. Teilweise müssen Bewohner Ihre Hütten 7 oder 8 Mal innerhalb weniger Jahre wieder aufbauen.

Lösungsansätze einer nachhaltigen Stadtentwicklung könnten wie folgt aussehen:

Partizipative Stadtplanung und Bürgerbeteiligung: ermöglicht den Menschen, ihre Bedürfnisse, Kenntnisse und Fähigkeiten einzubringen, was zu nachhaltigeren und lebenswerten Lösungen führen kann.
Regulierung und Formalisierung: Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen, die die Existenz informeller Siedlungen anerkennen und ihre schrittweise Formalisierung ermöglichen.
Bereitstellung von Infrastruktur: Ausbau von Straßen, Wasser- und Abwassersystemen, Elektrizitätsversorgung und anderen grundlegenden Dienstleistungen.
Erschwinglicher Wohnraum
Soziale Dienstleistungen:
Bereitstellung von Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungen. Dies kann durch den Bau von Schulen, Gesundheitszentren und anderen Einrichtungen erfolgen.
Integration in die urbane Landschaft: Planung und Gestaltung von informellen Siedlungen als integraler Bestandteil der städtischen Landschaft, um eine nahtlose Integration zu ermöglichen.
Umweltschutz: Förderung von Umweltschutzmaßnahmen, um negative Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren.



Beispiele:

Gecekondu
ist die türkische Bezeichnung für eine informelle Siedlung, jedoch nicht für ein Slum. Übersetzt bedeutet es so viel wie „über Nacht hingestellt“. Der Begriff wurde zum ersten Mal im Jahre 1945 erwähnt. Oft wird behauptet, dass der Bau der Gecekondular dem alten (osmanisch-islamischen) Gewohnheitsrecht entspringe, welches besagt, dass ein Haus, das „über Nacht“ auf öffentlichem Grund und Boden errichtet worden ist, nicht mehr abgerissen werden darf. Dies gilt jedoch als moderne Sage. Obwohl die Gecekondular offiziell nicht legal sind, wird die Errichtung dieser Siedlungen wahrscheinlich aufgrund des wirtschaftlichen Wachstums von der Regierung geduldet. Das Gecekondu-Gesetz aus dem Jahre 1966 ermöglichte erstmals die Legalisierung dieser Siedlungen. Aufgrund dieser Siedlungen, gab es vor allem in den Regionen um Ankara, Istanbul und Izmir in den letzten Jahrzehnten einen starken Bevölkerungswachstum.


Mit Favela werden die informellen Siedlungen oder auch Marginalsiedlungen bezeichnet. Ein großer Teil der Bewohner verfügt über einen geringen Grundbesitz. Favelas kann man zum Teil auch als Slum bezeichnen, wenn sie durch den Verfall städtischer Zonen entstehen.
Verlassene Hochhäuser, die durch Wohnungslose besetzt werden, werden in Brasilien auch als Favela vertical bezeichnet. Die Bezeichnung kommt von einer brasilianischen Pflanze, welche denselben Namen trägt. Die ersten informellen Siedlungen in Rio de Janeiro entstanden am Blühort der Pflanze, an den Abhängen der Hügel, wo sie immer weiter hochwanderten nach Ende der Sklaverei im Jahr 1888. Seitdem breiten sich diese Siedlungen immer weiter aus. 1963 wurden Favelas offiziell definiert „als Gruppe von Behausungen mit hoher Bevölkerungsdichte, unsystematisch und mit ungeeignetem Material ohne Zoneneinteilung errichtet, ohne öffentliche Versorgung und auf illegal genutzten Grundstücken ohne Einverständnis des Eigentümers.“ Seit Entstehung der ersten Favelas schwankte die Politik der brasilianischen Regierung zwischen Aussiedlungsbemühungen und Hilfsangeboten zur Verbesserung der Lebenssituation für die Bewohner.


Quellen:

Bilder:

  • https://medium.com/thepensivepost/from-colonialism-to-clientelism-urban-inequality-in-the-latin-american-city-703a98472013
  • https://www.goodthingsguy.com/environment/cape-town-informal-settlement/
  • https://www.oxfordmartin.ox.ac.uk/informal-cities/
  • https://www.google.com/search?q=slums&tbm=isch&ved=2ahUKEwjY2eix2eKCAxUi5gIHHTLGBcMQ2-cCegQIABAA&oq=slums&gs_lcp=CgNpbWcQAzINCAAQgAQQigUQsQMQQzIFCAAQgAQyBQgAEIAEMgUIABCABDIFCAAQgAQyBQgAEIAEMgUIABCABDIFCAAQgAQyBQgAEIAEMgUIABCABFCqB1iqB2D4CGgAcAB4AIABd4gBygGSAQMxLjGYAQCgAQGqAQtnd3Mtd2l6LWltZ8ABAQ&sclient=img&ei=ksRjZdjINaLMi-gPsoyXmAw&bih=807&biw=1696&client=firefox-b-d#imgrc=_snTnCLfXwlRgM&imgdii=odFDimYo_S14XM
  • https://www.philomag.de/artikel/revolte-im-baumhaus
  • https://www.misereor.de/informieren/stadt
  • https://www.bpb.de/themen/migration-integration/kurzdossiers/168594/welche-folgen-hat-das-weltweite-wachstum-der-staedte-fuer-die-migrationsverhaeltnisse/
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Beograd_Gazela
  • https://www.bbc.com/turkce/multimedya/2014/05/140523_ugc_gecekondu
  • https://www.getyourguide.de/rio-de-janeiro-l9/rio-de-janeiro-favela-rundgang-und-acai-verkostung-t67596/
Inhalt:
  • https://www.sprachnudel.de/woerterbuch/informelle-Siedlung
  • https://www.studysmarter.de/schule/geographie/humangeographie/slum/
  • https://www.misereor.de/informieren/stadt
  • https://www.peak-urban.org/machine-learning-informal-settlement-health
  • https://www.oxfordmartin.ox.ac.uk/informal-cities/
  • https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/183456/urbanisierung-megastaedte-und-informelle-siedlungen/
  • https://www2.klett.de/sixcms/media.php/229/104103-4109.pdf
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Beograd_Gazela
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Gecekondu
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Favela