Hochschulseminar – Stadt und Rock 'n' Roll
 
Ein Vortrag von Marc Reeder im Heartbreak Hotel Bremen
Yusuf Rizky Hidayat, Tilman Metzger, Mirjana Ruffert und Marvin Schlotter, 22. Januar 2024
Marc Reeder is a British musician, music producer, label owner, actor and author. He was an important part of the music scene in Manchester and Berlin in the late 1970s and 1980s. For us, he is best known from the film B-Movie: Lust & Sound in West Berlin 1979-1989.

On January 22, 2024, Marc Reeder gave us and other interested parties an insight into his life and his experiences of music and the city at the Heartbreak Hotel in Bremen. He focused primarily on the associated development of the music scene in Manchester and Berlin.

He talked about the influence of punk rock in Manchester, which offered an escape from the industrial decline and frustration of the city. His involvement in the music scene took him to Berlin, where he witnessed the rise of electronic music and its impact on both sides of the Berlin Wall.

He highlighted the cultural exchange between England and Germany, including his efforts to introduce East German bands to the Western music scene. He also reflected on his dreams and the transformative power of music in shaping urban spaces and social perspectives.





Marc Reeder ist ein britischer Musiker, Musikproduzent, Labelbetreiber, Schauspieler und Autor. Er war ein wichtiger Teil der Musikszene in Manchester und Berlin in den späten 1970er und 1980er Jahren. Für uns ist er vor allem aus dem Film B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin 1979–1989 bekannt.

Am 22. Januar 2024 gab Marc Reeder im Heartbreak Hotel in Bremen uns und weiteren Interessierten Einblicke in sein Leben und seine Erfahrungen von Musik und Stadt. Dabei konzentrierte er sich vor allem auf die damit verbundene Entwicklung der Musikszene in Manchester und Berlin.

Er erzählte vom Einfluss des Punkrocks in Manchester, der eine Flucht vor dem industriellen Niedergang und der Frustration der Stadt bot. Sein Engagement in der Musikszene führte ihn nach Berlin, wo er das Aufkommen der elektronischen Musik und ihre Auswirkungen auf beiden Seiten der Berliner Mauer miterlebte.

Er hob den kulturellen Austausch zwischen England und Deutschland hervor, einschließlich seiner Bemühungen, ostdeutsche Bands in die westliche Musikszene einzuführen. Außerdem reflektierte er über seine Träume und die transformative Kraft der Musik bei der Gestaltung urbaner Räume und gesellschaftlicher Perspektiven.

In seinem Vortrag erläuterte er die verflochtene Beziehung zwischen Musik, städtischen Umgebungen und kulturellen Bewegungen.

Marc Reeder wurde am 1958 in Manchester, England, geboren und arbeitete nach seinem Schulabschluss in Manchesters erstem Virgin-Plattenladen.
Der Laden war ein beliebter Treffpunkt der Manchesters Punk-Szene, da dort die zu dieser Zeit boykottierte Punk-Musik erhältlich war. Er lernte dort viele Punk-Musiker kennen, wie beispielsweise Buzzcocks oder Mark Farrow.
Er war Bassist der Band ‚The Frantic Elevators‘, welche 1977 gegründet wurde und sich nach einigen Auftritten wieder auflöste.
Es entwickelte sich vor allem der Punkrock zu einer starken Kraft, welche die konventionellen Vorstellungen von Musikproduktion und -vertrieb durchbrach und den Bewohnern Manchesters eine Plattform bat, um ihren Frustrationen und Hoffnungen Ausdruck zu verleihen.

Zunehmend war Mark Reeder aber auch immer mehr von der aus Deutschland importierten elektronischen Musik begeistert. Das Interesse an der Musik und dem Land wuchs immer weiter und führte ihn zu seiner ersten Reise nach Deutschland, woraufhin 1978 auch sein Umzug nach Deutschland folgte. Er lebte zuerst im südwestlichen Teil Deutschlands und zog anschließend nach West-Berlin.
Marc Reeder nutzte die ersten Jahre in Berlin, um in östliche Länder zu reisen, um dort die Musikszene des Ostblocks besser kennenzulernen.

In Berlin wurde er Zeuge des Aufkommens der elektronischen Musik und ihrer tiefgreifenden Auswirkungen auf beiden Seiten der Berliner Mauer.
Durch sein Engagement in der Musikszene wurde er zu einem Vermittler des kulturellen Austauschs und überbrückte die Kluft zwischen Ost- und Westdeutschland, indem er ostdeutsche Bands der westlichen Musikszene vorstellte. Dieser kulturelle Austausch bereicherte nicht nur die Musikbranche, sondern förderte auch ein Gefühl der Einheit und Befreiung unter der ostdeutschen Jugend, die nach neuen Ausdrucksformen und einer neuen Identität suchte.
Marc Reeder war von der lebendigen kulturellen Atmosphäre in Berlin angezogen und fand dort ein Umfeld, das ihm ermöglichte, seine künstlerischen Ideen weiterzuentwickeln und umzusetzen. Zu dieser Zeit wurde er zum deutschen Repräsentanten des Plattenlabels Factory Records. Nach dem Selbstmord von Ian Curis, dem Songwriter der Band Joy-Division, war die Zukunft der Band und des Labels unklar.

Er arbeitete anschließend größtenteils als Tontechniker und in anderen Bereichen der Musikbranche, wobei er viele New-Wave- und Punk-Szene Musiker kennenlernte. Der enge Kontakt zu den Joy-Division Mitgliedern blieb trotzdem bestehen.
Darüber hinaus reflektiert Marc Reeder über die transzendente Natur der Musik und erzählt von lebhaften Träumen, die die dynamischen und oft surrealen Erfahrungen widerspiegeln, die er auf seiner Reise durch die Musikwelt gemacht hat.
Diese Träume dienen als Metaphern für die transformative Kraft der Musik, die physische und ideologische Grenzen überschreitet und Individuen und Gemeinschaften auf einer tiefen Ebene verbindet.

Es kam zur Gründung der Band ‚Die Unbekannten‘, wo er zusammen mit der Frauenband Malaria! spielte. Er wurde anschließend zum Manager und Tontechniker der Band. Sie organisierten einige halblegale Auftritte in Ostblock-Ländern, wo sie zusammen mit den Toten Hosen aufgetreten sind.
Marc Reeder organisierte daraufhin 1983 ein geheimes Ost-Berliner Konzert der Toten Hosen, welches zu einer riesigen Veranstaltung wurde. Im selben Jahr plante er für einen britischen Fernsehsender ein Special in einer Musiksendung.
Dieses Special verglich die Musikszene von Ost- und Westberlin anhand der Bands Jessica und Die Ärzte.

1989 erhielt Mark Reeder von der Ostberliner Band „Die Vision“ eine Anfrage zur Produktion ihres Albums in den Studios des Amiga-Plattenlabels. Nach erfolglosen Versuchen, die Amiga von der Produktion von Techno-Singles zu überzeugen, gründete er 1990 sein eigenes Plattenlabel MFS. Seitdem produziert und veröffentlicht er viele Songs und Alben, seit den 2000ern auch vermehrt im Bereich Techno.

Abschließend unterstreicht Mark Reeder in seinem Vortrag noch einmal die symbiotische Beziehung zwischen Musik, städtischem Umfeld und gesellschaftlichem Wandel. Anhand seiner Erfahrungen in Manchester und Berlin veranschaulicht er, wie Musik als Katalysator für kulturellen Wandel dienen kann und in schwierigen Zeiten Trost und Inspiration bietet.
Letztlich zeigen Marc Reeders Erzählung die anhaltende Wirkung von Musik als Medium für Ausdruck, Verbindung und Ermächtigung bei der Gestaltung unseres kollektiven Verständnisses der Welt um uns herum und deren Wichtigkeit.




Bildquelle:
https://www.amazon.de/Mark-Reeder-Collaborator-Reeder/dp/B00IUKPKOI