Hochschulseminar – Vom Wert des Privaten in der Stadt
 
Typologie Klosterzelle
Florian Giesbrecht, 02.05.2022
Who are the people who decide to spend their lives in such a monastic cell?
The Carthusian order is an eremitic order, which means that the brothers and sisters of the order are separated from the outside world by a wall and lead a life of solitude. Sealed off from the outside world, without access to mass media and in extensive solitude and silence, they feel closest to God. They spend most of their lives in seclusion in prayer and study. Meals are taken alone and any outside influence is rejected. The community of monks meets once a day for mass and on Sundays the monks take a walk around the monastery, which is usually very remote.
Carthusian monasteries have to satisfy special spatial needs. For every monk there must be a retreat of absolute silence, contemplating and meditating. On the other hand, there is also a need for space for the community.
At the time the order was founded in the 12th century, the topography was the determining factor for the design of the monasteries.
The cell houses got their shape quite pragmatically from the way of life and rules of the monks. The spatial separation from the outside world was secured by a remote, inaccessible topographical location. With new foundations close to the inhabited world, architectural measures for demarcation from the outside world changed. High walls, fortified gatehouses and front courtyards were intended to protect the peace of the monks. Over the years, the typology of the cell house and the cloister have remained largely unchanged. Only in the 17th century were more complex baroque floor plans realized, in which this typology was changed.
The cell house is thus one of the first examples of a private, individual living space for a single person with a conscious architectural design. Which to this day holds validity as seen in contemporary architecture for example by Valerio Olgiati or Peter Barber.

Wer sind die Menschen die sich entscheiden ihr Leben in einer Klosterzelle zu verbringen?

Der Kartäuser Orden ist ein eremitischer Orden, das heißt, dass die Ordensbrüder und Schwestern durch eine Mauer von der Außenwelt getrennt sind und ein Leben in Einsamkeit führen. Abgeschottet von der Außenwelt, ohne Zugriff auf Massenmedien und in weitgehender Einsamkeit und Stille fühlen sie sich Gott am nächsten. Sie verbringen die meiste Zeit des Lebens zurückgezogen im Gebet und im Studium. Mahlzeiten werden allein eingenommen und jeglicher Einfluss von außen wird abgelehnt. Ein Mal täglich trifft sich die Mönchsgemeinde zur gemeinsamen Messe und an Sonntagen machen die Mönche einen Spaziergang um das in der Regel sehr abgelegene Kloster.
Kartäuserklöster müssen besondere räumliche Bedürfnisse befriedigen. Für jeden Mönch muss es einen Rückzugsort in absoluter Stille geben, der Kontemplation und Meditation ermöglicht. Andererseits braucht es auch Flächen für die Gemeinschaft.
Zur Gründungszeit des Ordens im 12. Jahrhundert war die Topografie der bestimmende Faktor für die Gestaltung der Klöster war.
Die Zellenhäuser erhielten ihre Gestalt ganz pragmatisch aus der Lebensweise und Regeln der Mönche. Die räumliche Trennung von der Außenwelt war durch eine abgelegene, unzugängliche topografische Lage gesichert. Mit neuen Gründungen in der Nähe der bewohnten Welt änderten sich architektonische Maßnahmen zur Abgrenzung von der Außenwelt, hohe Mauern, befestigte Torhäuser und vorgelagerte Höfe sollten die Ruhe der Mönche schützen.
Erst im 17. Jahrhundert wurden komplexere Barocke Grundrisse realisiert bei denen diese Typologie verändert wurde.
Das Zellenhaus ist somit eines der ersten Beispiele für einen privaten, individuellen Wohnraum für eine einzelne Person mit bewusster architektonischer Gestaltung. Eine Typologie, die noch heute nichts an Aktualität eingebüßt hat, wie man an den zeitgenössischen Beispielen Valerio Olgiatis und Peter Barbers sieht.






Der Kartäuser Orden ist ein eremitischer Orden, das heißt, dass die Ordensbrüder und Schwestern durch eine Mauer von der Außenwelt getrennt sind und ein Leben in Einsamkeit führen. Abgeschottet von der Außenwelt, ohne Zugriff auf Massenmedien und in weitgehender Einsamkeit und Stille fühlen sie sich Gott am nächsten. Sie verbringen die meiste Zeit des Lebens zurückgezogen im Gebet und im Studium. Mahlzeiten werden allein eingenommen und jeglicher Einfluss von außen wird abgelehnt. Ein Mal täglich trifft sich die Mönchsgemeinde zur gemeinsamen Messe und an Sonntagen machen die Mönche einen Spaziergang um das in der Regel sehr abgelegene Kloster.

Sie leben in einer extremen Form der Privatheit.


Kartäuserklöster müssen besondere räumliche Bedürfnisse befriedigen. Für jeden Mönch muss es einen Rückzugsort in absoluter Stille geben, der Kontemplation und Meditation ermöglicht. Andererseits braucht es Flächen für die Gemeinschaft. In der Axonometrie eines exemplarischen Kartäuserklosters in Südfrankreich, La Chartreuse de Valbonne von 1203 erkennt man die Modulare Bauweise eines Kartäuserklosters. Ein Bereich der noch teilweise von Außenstehenden zu betreten ist ist der sog. Wirtschaftshof, welcher über das Torhaus, betreten wird. Das Zönobium ist ein kleiner Kreuzgang, um den die Kirche und die Gemeinschaftsräume angeordnet sind. Wie in jedem Orden ist die Kirche der Mittelpunkt des klösterlichen Lebens, hier trifft sich die Gemeinschaft zur täglichen Messe. Hervorzuheben sind der große Kreuzgang und die angrenzenden Zellenhäuser, die Wohneinheiten der Mönche. Dabei gibt es zwei Stufen der Einfriedung, den großen Kreuzgang und in der zweiten Stufe das kleine Zellenhaus mit seinem ummauerten Garten als äußerste Form des alleinigen Rückzugs. Der Kreuzgang ist kein Ort für Meditation oder ähnliches, sondern ausschließlich als ein Gang zu den Zellenhäusern zu verstehen. Durch die Anordnung der Zellenhäuser entlang des Kreuzganges entsteht im Vergleich zu den anderen Modulen des Klosters ein enormer Platzbedarf.


Die typologische Betrachtung beginnt mit einem frühen Kloster, La Chartreuse de Portes in Südfrankreich, gegründet 1115. Bemerkenswert sind hier die extremen topographischen Bedingungen, es liegt sehr abgelegen am Rande der Alpen. Dementsprechend kann es keine Regel geben der die Grundrisse des Klosters folgen, abgesehen von der topografischen Lage, die die individuelle Gestaltung vorgibt und den Anforderungen an einen stillen Rückzugsort für die Mönche. In dem Beispiel sieht man den Grundriss, der sich länglich an die bergige Topografie anpasst und die Klosterzellen, zurückgezogen am unteren Ende des Grundrisses. Im oberen Bereich sind Kirche, Gemeinschaftsräume angeordnet. Der Grundriss wirkt sehr kompakt und pragmatisch.

In einigen Fällen erwies sich das Überleben in den Bergen als zu hart und einige Siedlungen mussten nach kurzer Zeit aufgegeben werden. In gemäßigteren, aber immer noch abgelegenen Alpenregionen, in der Nähe weltlicher Siedlungen wurden nach und nach neue Klöster gegründet. Direkter Kontakt mit der Außenwelt wurde nach wie vor strikt vermieden, obwohl sich die Lage des Klosters änderte. Erste architektonische Mittel der Abschottung mussten ergriffen werden: Mauern und Torhäuser als Schutz vor der Außenwelt. Das Streben nach kompakten Grundrissen hatte zur Folge, dass die Zellenhäuser teilweise nur schlecht mit Licht und Frischluft versorgt wurden. Als Folge wurden flexible Anordnungen entlang des Kreuzganges entwickelt. Je nach Situation befanden sich Zellenhäuser im hinteren Teil des Gartens die durch Gänge mit dem Kreuzgang verbunden waren.


Mit wachsender Bedeutung des Kartäuser Ordens sollten die Klöster nicht mehr nur der Topografie und der Lebensweise der Mönche gerecht werden. Eine repräsentative Rolle kam dem Klosterbau hinzu. Auf Wunsch der Gründer kamen Module wie der Ehrenhof hinzu der dem Gründer Zutritt zum Kloster verschaffte. Der dadurch entstehende zusätzliche Platzbedarf äußert sich in einem bewusst gestaltetem Gesamtgrundriss. Regelmäßig ummauerte Gärten und Zellenhäuser mit einheitlichen Luft und Lichtsituationen. Des Weiteren entstehen zusätzliche Innenhöfe.


In Folge wurde die repräsentative Rolle des Klosters und das äußere Erscheinungsbild mehr betont, es entstanden Klöster bei denen die Kirche deutlich aus dem Grundriss hervortritt. Auch von der Typologie der einschiffigen Basilika trennte man sich und zugunsten komplexerer Varianten.

Die Abgrenzung zwischen der Welt und der Eremitengemeinschaft wurde schwieriger, da das Gelände der Klöster oft an dichter besiedelte Gebiete grenzte. Die enge Nachbarschaft führt zu Burgmauern und befestigten Torhäusern. Das innere Schema änderte sich zu einer Vielzahl von Höfen. Es entstand eine sehr komplexe und weitläufige Anlage, dennoch blieben der große Kreuzgang und die Zellenhäuser in ihrer Anordnung und Größe kaum verändert.

Zusammenfassend kann man sagen, dass zur Gründungszeit des Ordens im 12. Jahrhundert, die Topografie der bestimmende Faktor für die Gestaltung der Klöster war. Die Zellenhäuser erhielten ihre Gestalt ganz pragmatisch aus der Lebensweise und Regeln der Mönche. Die räumliche Trennung von der Außenwelt war durch eine abgelegene, unzugängliche topografische Lage gesichert. Mit neuen Gründungen in der Nähe der bewohnten Welt änderten sich architektonische Maßnahmen zur Abgrenzung von der Außenwelt, hohe Mauern, befestigte Torhäuser und vorgelagerte Höfe sollten die Ruhe der Mönche schützen.
Dies ließ den Platzbedarf der Anlagen wachsen und auch das Streben nach Repräsentanz durch prächtige Kirchenbauten wirkte sich auf Bestandteile und Grundrisse der Klöster aus. Diese Entwicklung erstreckt sich seit der Gründung im 12. Jarhundert bis hin ins 16. Jahrhundert.
In all den Jahren blieb die Typologie des Zellenhauses und des Kreuzganges weitestgehend unverändert. Erst im 17. Jahrhundert wurden komplexere Barocke Grundrisse realisiert bei denen diese Typologie verändert wurde. Das Zellenhaus ist somit eines der ersten Beispiele für einen privaten, individuellen Wohnraum für eine einzelne Person mit bewusster architektonischer Gestaltung.


Eine exemplarische Klosterzelle der Certosa di Pavia in Italien, wird genauer untersucht. Hier zu sehen wir die Renaissance Fassade der Klosterkirche.


Über ein Torhaus wird man über einen Hof zur Repräsentativen Kirche geführt. Neben diesem halböffentlichen Bereich liegen schützend weitere Innenhöfe und Gebäude für die Gemeinschaft der Mönche die das Herzstück des Klosters, die Klosterzellen abschirmen.


A - Der Kreuzgang über den die einzelnen Zellen erschlossen werden.
B - Neben dem Eingang befindet sich eine Durchreiche durch die der Mönch Mahlzeiten erhält.
C - Zwischenraum der eine weitere Schicht zwischen der Außenwelt und dem inneren, privaten Raum darstellt. In diesem Bereich sind in der Regel Treppen verortet die ins obere Geschoss führen.
D - Schlafzimmer des Mönchs
E - Zimmer für das Gebet oder zur Meditation.
F - Privater, ummauerter Garten.
G - Werkraum für handwerkliche Arbeiten und Nasszelle.

Drei bis vier Zimmer für eine Person mit privatem Garten hört sich zunächst sehr großzügig an, wenn man aber bedenkt, dass ein Mönch hier den Großteil des Lebens verbringt, in weitest gehender Einsamkeit und Besitzlosigkeit, wird deutlich, dass dies eher als ein Lebensminimum verstanden werden muss. Die Grundbedürfnisse an Platz, Licht und frischer Luft und nicht zuletzt die Stille und Einsamkeit werden sichergestellt.



Die Klosterzellen und die bauliche Abtrennung der einzelnen Einheiten sind hier deutlich zu erkennen. Der Kreuzgang wirkt sehr bescheiden, keine ausgefallene Parkanlage sondern eine Rasenfläche liegt in der Mitte des Kreuzganges, nichts was den Mönch ablenken könnte.


Der Eingang zu einer Zelle. Ein Gebälk, sowie Voluten aus der Renaissance verzieren den Eingang. Daneben befindet sich die Durchreiche, durch welche der Mönch seine Mahlzeiten erhält.


Ein Blick in die Durchreiche vom Innenraum. Diese ist so konstruiert, dass der Mönch seine Mahlzeit erhält ohne einen Außenstehenden zu sehen bzw gesehen zu werden. Dieses kleine Detail verdeutlicht den hohen Grad der Isolation der von den Geistlichen angestrebt wird.


Das Schlafzimmer eines Mönchs. Wäre dieses Zimmer bewohnt würde wahrscheinlich unter dem Fenster das Bett stehen.


Des Weiteren verfügt die Klosterzelle über einen Kamin zum Heizen, einen Tisch und eine kleine Ablage. Evtl noch eine Bank und ein Bücherregal für das Studium des Mönchs.



Angrenzend an das Schlafzimmer liegt der Gebetsraum. Dieser ist in der Regel nur mit einem Kreuz oder einer Heiligenfigur zum Gebet ausgestattet. Eine existenzielle Raumerfahrung. Die Materialität der Zelle wird deutlich, der steinerne Boden, die verputzten Wände und die Holzdecke. Zwei Fenster die den Raum erleuchten und eine kleine Lampe die Licht beim nächtlichen Gebet spendet.


Der Garten für den der Bewohner der Zelle verantwortlich ist.


Das war ein Einblick in die Klosterzelle, eine Typologie die die Bedürfnisse eines Mönchs perfekt abdeckt. Die Architektur schottet das Innere komplett von äußeren Einflüssen ab und die Raumausstattung verwehrt jegliche Möglichkeit der Ablenkung und macht es den Mönchen möglich sich in absoluter Einsamkeit und Stille Gott zu nähern, zu beten und zu studieren. Die Grundlagen für ein Leben als Mönch innerhalb der Klostermauern sind so gewährleistet.


Ein abschließender Verweis auf heutige Architekturen, die an die Ästhetik der Klosterzelle erinnern zeugt von der Aktualität dieser Typologie. Die Villa Alem in Portugal, das Ferienhaus des Architekten Valerio Olgiati. Auf dem Bild zu sehen ist eines der Gästezimmer. Die Räume in diesem Gebäude zeichnen sich aus durch ihre monolithische Materialität und die besondere Raumerfahrung. Das Gästezimmer ist mit einem Bett und einem kleinen Badezimmer ausgestattet sowie einem ummauertem Außenbereich ähnlich wie in der Klosterzelle. Hier schafft der Architekt einen Raum der auf das Wesentliche reduziert ist. Der Raum, die Materialität, das Licht und die frische Luft, ein Ort an dem man in sich gehen kann.



Ein anderes Projekt von Peter Barber Architects ist das Heim für Wohnungslose in England. Dies sind einzelne, private Wohneinheiten für Wohnungslose, angeordnet um einen gemeinschaftlichen Garten, was stark an den großen Kreuzgang im Kloster erinnert.



Das Modell zeigt das Raumprogramm im Inneren. Eine Einheit deckt die grundlegenden Bedürfnisse der Bewohnenden ab, in einer Art und Weise die stark an eine Klosterzelle erinnert. Es gibt einen Tisch, eine Küchenzeile, ein Bad, eine Mezzanninebene zum schlafen und den Zugang zum Außenraum.
Ein Ort an dem Menschen einen Neustart schaffen und sich auf sich selbst konzentrieren können.